„Ich frage zu Beginn des Schlägerfittings immer, ob Kunden eine Affinität zu einer bestimmten Golfmarke haben“, sagt Jan Götze. Tagtäglich berät der Materialfachmann von Golf Götze in seinem Megastore in Weiterstadt Golferinnen und Golfer, die nach dem richtigen Equipment suchen. Welche Golfmarken welches Image haben, weiß Götze aus jahrzehntelanger Erfahrung. „Kunden kommen in der Regel mit einer bestimmten Vorstellung zum Fitting“, beobachtet er.
"Affinität zu einer Marke ist vollkommen legitim"
Genau wie bei Automarken umgebe auch die Hersteller von Golfequipment ein ganz individueller Ruf, eine besondere Historie oder gar ein Mythos. „Ich finde es vollkommen legitim, eine offene Affinität zu einer Marke zu haben“, betont Götze. „Beim Fitting verlange ich von niemandem, unvoreingenommen zu sein.“ 30 Jahre sei es her, dass ein Callaway-Vorstandsmitglied ihm offen erklärt habe, man baue Schläger für Senioren, Ladies und Japaner. „Ich konnte mich in keine der Kategorien einordnen und konnte mir seitdem nicht vorstellen, Callaway-Schläger in mein Bag zu stecken.“
Wobei die technischen Alleinstellungsmerkmale unter den Golfmarken in den vergangenen Jahren immer kleiner geworden seien. Spieler jeder Stärke fänden heute bei jedem der vier, fünf großen Schlägerhersteller objektiv das für sie passende Material. Wenn man aber mit (fast) jedem Schläger von A nach B kommt, bleibt die Frage: Wie?
„TaylorMade ist wie ein sportlicher BMW, Callaway ein eleganter Mercedes und PING würde ich mit Audi vergleichen“, erzählt Jan Götze. Titleist sei ein Porsche und Mizuno als Nonplusultra der Schmiedetechnik ein Ferrari. Während Kunden beim Autokauf gleich das Autohaus der Marke ihrer Wahl ansteuern, wartet im Golffachgeschäft eine ganze Markenpalette. „Affinität zu einer Golfmarke hin oder her – meist treffen die Golferinnen und Golfer ihre Marken- und Modellwahl auf Basis der Fittingwerte, also der Zahlen“, so Götze.
Callaway ist der Platzhirsch auf dem Golfmarkt
Platzhirsch Nummer eins auf dem Golfmarkt ist heute Callaway. Das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Kalifornien bestückt Spieler wie Jon Rahm, Xander Schauffele und Sam Burns. „Die Marke steht vor allem für Komfort und verspricht ihren Kunden größtmögliche Fehlerverzeihung“, erklärt Götze. Neue Schlägermodelle entwickle Callaway mittlerweile in einem Zwei-Jahres-Zyklus.
Der größte Konkurrent kommt ebenfalls aus Kalifornien: TaylorMade hat laut Götze vor allem den sportlichen Golfer im Blick. Länge, Länge, Länge sei immer die Maxime gewesen und Sport die DNA. Erst in der jüngeren Vergangenheit habe sich der Hersteller für das Thema „Forgiveness“ geöffnet und es in diesem Jahr sogar zum Thema Nummer eins gemacht. Bei TaylorMade ist die Tourelite zuhause: Scottie Scheffler, Rory McIlroy, Collin Morikawa, Tommy Fleetwood. Können die irren?
PING lagert Schläge über Jahre ein
PING gilt je nach Standpunkt als absolut verlässliche Marke, wahlweise als eher spießig. Gerade bei der Fertigung von Eisen sei der Hersteller aus Phoenix/Arizona aber immer sehr innovativ gewesen und habe sich nie auf eine Zielgruppe festnageln lassen. „Wir bauen den besten Schläger für jeden, passend dank Custom-Fit, das war immer das Credo von PING“, so Jan Götze. Viktor Hovland, Tony Finau und der Deutsche Freddy Schott spielen die Schläger der Marke. „Für Verlässlichkeit steht PING nicht zuletzt, weil das Eisen, das ich heute kaufe, auch in fünf Jahren noch zu bekommen ist“, erklärt Götze. Der Hersteller lagere, anders als andere Marken, seine Modelle ein. Ein Segen für den Fall, dass nach ein paar Jahren der Schaft eines Eisens bricht und der Schlägerkopf verloren geht.
Der Ballprimus unter den Golfmarken ist Titleist, bekannt vor allem für seinen Ball ProV1. Das Unternehmen, das zum Acushnet-Konzern (u.a. Footjoy, Scotty Camero und Vokey Design) gehört, hatte bei den meisten Golferinnen und Golfern das Image einer reinen Ballmarke. „Wahrscheinlich lag es daran, dass man früher für ein Titleist-Schlägerfitting ein einstelliges Handicap nachweisen musste“, vermutet Götze. Inzwischen wachse der Umsatz aus dem Schlägerverkauf von Jahr zu Jahr. Trotzdem platziere Titleist seine Produkte noch immer bevorzugt bei jungen Pros wie etwa Ludvig Åberg.
XXIO ist auf der Überholspur
Wenn es unter den Golfmarken eine gebe, deren Image auf der Überholspur unterwegs sei, dann XXIO. Der Schlägerhersteller zähle wie Srixon und Cleveland zur Unternehmensgruppe Sumitomo Rubber. XXIO lebt laut Jan Götze heute von der Philosophie, die einst Callaway groß gemacht hat: Senioren und Damen mit einer niedrigen Schlägerkopfgeschwindigkeit. Markenbotschafter ist Ernie Els. Genau wie Honma produziert XXIO Schläger und Schäfte im Super-Premium-Bereich, wo ein Eisen schon mal 270 Euro kostet. „Das muss man sich natürlich leisten können“, weiß Götze.
Was beim Golfschuh wichtig ist
Die Golferinnen und Golfer in Deutschland haben in den vergangenen Jahren eine klare Präferenz bei Golfschuhen entwickelt. Ein kritischer Blick auf den Spikeless-Trend.
Zum ArtikelViele große Golfmarken von einst sind mit ihrem Image derweil in der Bedeutungslosigkeit verschwunden – wenn nicht sogar ganz: Spalding, Slazenger, Yonnex, Ram Golf, Ben Hogan, MacGregor und zuletzt Nike. „Vielleicht haben die Golfer bei Nike zu sehr an Turnschuhe gedacht, und Golfschläger wollten nicht so recht ins Bild passen“, vermutet Götze. Wilson – früher die Wahl von Bernhard Langer und Colin Montgomerie – gehört heute nicht mehr zu den großen Namen. „Wahrscheinlich handelt es sich bei Wilson um die am meisten unterschätzte Marke“, so Götze. In Deutschland werde der Schlägerhersteller vor allem über seine Einsteigersets wahrgenommen. Darunter leide das Image von Wilson, mit deren Schlägern einst die meisten Major-Turniere gewonnen wurden.