„Ich will noch einmal richtig angreifen“
Paula Kirner – Frankfurter Golf Club/University of Tennessee
Schon mit 15 Jahren wusste ich, dass ich später mal zum Studium und College-Golf in die USA will. Nun bin ich in meinem dritten College-Jahr, studiere an der Business-School der University of Tennessee in Knoxville und spiele für das Damen-Golfteam, die Lady Volunteers. Angefangen habe ich mein Studium allerdings an der University of South Carolina in Columbia, eines der Top fünf Colleges im Damengolf. Mit dem dortigen Team haben wir viele Turniere gewonnen und uns zweimal für die Nationals qualifiziert, das Saisonfinale, in dem die besten Mannschaften der USA gegeneinander spielen. Das Fernsehen überträgt und man ist mittendrin – ein cooles Erlebnis. Und doch ist dort vieles nicht so gelaufen, wie ich mir das erhofft hatte. Mir hat die Unterstützung der Coaches gefehlt und der Zusammenhalt im Team; wo nicht nur zählt, wie du performst, sondern auch, wer du bist. Meine Leistungen haben in diesem Umfeld stagniert, was im Sport passieren kann. Nach langer Überlegung und offenen Gesprächen mit Coaches, Freunden und Familie habe ich mich dazu entschieden, das College zu wechseln, um meinem Golfspiel eine neue Chance zu geben.
"Dank College-Golf anderen Blick aufs Leben"
In Tennessee fühle ich mich nun richtig wohl und unser Ziel ist es, das relativ neu zusammengestellte Team in die Nationals zu führen. Ich will jetzt noch einmal richtig angreifen. Abgesehen vom Sportlichen habe ich dem College-Leben auch einen ganz anderen Blick auf die Welt zu verdanken. Der Austausch hier mit Menschen aus vielen anderen Kulturen hat meinen Horizont erweitert. Schon deshalb würde ich mich immer wieder fürs College entscheiden und diesen Schritt auch empfehlen. Wobei ich jetzt weiß, dass man sich bei der Wahl es Colleges nicht allein von Zahlen blenden lassen sollte. Persönliche Empfehlungen sind im Zweifel mehr wert.
Was ich auch lernen musste: Das College-Leben, wie man es aus Filmen kennt, mit Partys, tollem Wetter und leichtem Studium, hat mit der Realität wenig zu tun. Ich bin da mit meinen Vorstellungen erst einmal vor eine Wand gelaufen – genauso wie mit meinem zu schlechten Englisch. Das habe ich als erstes in Angriff genommen. Mittlerweile kann ich sagen, dass ich an der Herausforderung enorm gewachsen bin.
„Mit dem Privatjet zum Golfturnier“
Patrick Schmücking – Wiesbandener Golf Club/Ohio State University
Für mich ist es das vierte Jahr an der Ohio State University in Columbus, aber ich kann mich noch gut an die ersten aufregenden Monate College-Golf erinnern. Die waren ziemlich stressig: neues Umfeld, neue Sprache, natürlich mein Finance-Studium und so banale Sachen wie Wäsche waschen und was sonst noch alles dazu gehört, wenn man plötzlich auf eigenen Beinen steht.
Columbus ist vergleichbar mit Frankfurt, die Uni ist riesengroß, die Stadt hat Teams in der Major League Baseball und der National Hockey League. Golf ist hier populär und nicht mit einem Stigma belegt wie bei manchen zuhause in Deutschland. Unser College-Team gehört zu den besten in den USA. Dass ich zum Zeitpunkt meiner Bewerbung Mitglied im Junior Golf Team Germany war, hat sicher geholfen, hier ein Stipendium zu bekommen.
Die Lernkurve, die hinter mir liegt, ist trotzdem gewaltig. Wir spielen auf den besten Plätzen, manche privat, auf einigen macht PGA-Tour Station. Gerade an das kurze Spiel und das Putten stellen diese Plätze ganz andere Herausforderungen. Mit 16 oder 17 habe ich mir nicht vorstellen können, wie groß der Unterschied wirklich ist; dass verschiedene Grassorten zum Beispiel verschiedene Techniken erfordern. In Topform sehe ich mich als Nummer zwei oder drei unseres Teams, aus dem bei Turnieren immer nur fünf spielen können – von zwölf. Ich habe ein paar Qualifier sogar gewonnen, aber mit Maxwell Moldovan einer der Top 30 Amateure weltweit im Team.
"Reisen sind meine Highlights beim College-Golf"
Highlights meiner Collegezeit sind die vielen Reisen, die wir als Mannschaft zu den Turnieren unternehmen. Teils im Privatjet, was sich als Student surreal anfühlt. Die Erlebnisse, die Kameradschaft trotz aller Rivalität, das hat mich geprägt. Wie gut der Zusammenhalt ist, habe ich gemerkt, als ich im vergangenen Jahr einen Bandscheibenvorfall hatte und Golf plötzlich völlig unmöglich war. In Gedanken habe ich schon mit dem Leistungssport abgeschlossen. Ich konnte nicht einmal mehr etwas vom Boden aufheben und musste im November operiert werden. Über das College bin ich zum Glück krankenversichert – ein wichtiger Punkt.
Inzwischen spiele ich wieder, habe ein paar Änderungen an meinem Schwung vorgenommen, damit er rückenfreundlicher ist, mache zusätzliche Übungen. Wie gut ich unter Druck performen kann, werde ich bald sehen. Um Profi werden zu können, muss ich mein Potenzial wieder voll abrufen können. Das will ich. Aber ich bin in der glücklichen Lage, dank meines Studiums auch ein spannendes „normales“ Leben führen zu können.
„Ich bleibe nach dem Studium hier“
Jacqueline Klemm – Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne/University of North Alabama
Ich habe mir für mein Studium bewusst ein College ausgesucht, dessen Damen-Golf-Team in der zweiten Liga spielt, der Division II. Denn ich wusste schon vorher, dass ich später mein Geld nicht auf der Tour verdienen möchte – bei aller Liebe zum Golf. Ich habe mit 13 Jahren schon in der zweiten Bundesliga gespielt, war in der elften Klasse zum Schüleraustausch in Kalifornien und habe mir doch wenig Vorstellung davon gemacht, wie der Alltag beim College-Golf so aussieht: Dreimal pro Woche beginnt das Workout schon morgens um 6 Uhr. Von 8 bis 13 Uhr ist Unterricht und ab 14 Uhr stehen wir bis abends auf dem Golfplatz. Für viel mehr außer mein Business-Management-Studium, Golf, Essen und Schlafen bleibt kaum Zeit.
In meinem ersten Jahr an der Arkansas Tech University bin ich als „Freshman of the Year“ unserer Liga ausgezeichnet worden. Ich war total perplex, weil ich bis dahin gar nicht wusste, dass es solche Ehrungen gibt. Beflügelt und stolz bin ich in die nächsten Jahre gegangen, habe mich in den Süden der USA verliebt und mit meinem Team eine zweite Familie gefunden. Menschen aus anderen Kulturen kennenzulernen und zu sehen, wie sie essen, denken und Dinge machen, empfinde ich als total bereichernd. Zusammen sind wir für Turniere von Florida nach Kalifornien geflogen und haben uns sogar für die Nationals qualifiziert.
Wechsel von Arkansas nach North Alabama
Wegen der Corona-Pandemie war mit einem Mal Schluss: keine Turniere für fast ein ganzes Jahr, Studium per Video-Call. Selbst Golftraining gab es nicht mehr. Ich bin für diese Zeit zu einem Freund nach Houston gezogen, wo wir Indoorgolf gespielt haben und oft Angeln gegangen sind. Leider hat unser Coach aufgehört und das bisherige Team hat sich quasi aufgelöst. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, dass College zu wechseln und bin nun an der University of North Alabama in Florence. Bis Mai darf ich noch für das Golf-Team spielen, dann habe ich auch meinen Bachelor.
Wenn alles so läuft, wie ich mir das wünsche, dann mache ich auch meinen Master am College. Das Golf-Stipendium läuft zwar aus, aber als Graduate Assistant, also wissenschaftliche Mitarbeiterin an einem Lehrstuhl, kann ich hoffentlich ähnliche Konditionen aushandeln. Ich möchte Digital Marketing studieren und werde sicher weiterhin Golfturniere spielen. Ursprünglich hatte ich vor, nach vier Jahren in den USA wieder nach Hause zu kommen, nach Kelkheim. Inzwischen bin ich ziemlich sicher, dass mein Zuhause auch nach dem College die USA sein werden.