„Menschen mit körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung geht es beim Golf am Anfang wie allen anderen auch: Es ist schwierig“, sagt Nicolas Zimmermann. Damit es ihnen etwas leichter fällt, hat der Mainzer Golflehrer gemeinsam mit dem Sven Nürnberger und Mirko Danihel 2017 „Die Erdmännchen“ gegründet. Neben anderen Sportarten bietet der gemeinnützige Verein jede Woche samstags und sonntags im Mainzer Golfclub Training für seine Mitglieder an. Zehn bis zwölf Golferinnen und Golfer kommen dann zusammen, die jeweils zwei Handicaps haben, ein körperliches oder geistiges und eine DGV-Stammvorgabe. Golf und Down-Syndrom oder Golf und Autismus? Kein Problem.
"Fit machen für Meisterschaften"
„Bei den Erdmännchen geht es nicht nur darum, gemeinsam eine gute Zeit zu haben“, betont Mitgründer Zimmermann. „Das Ziel ist es, unsere Golferinnen und Golfer fit zu machen für nationale und sogar internationale Meisterschaften.“ Finanziert wird der Verein durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Fördergelder. Sven Nürnberger, der ursprünglich eine Rollstuhlbasketball-Mannschaft trainiert hat, leitet inzwischen die Golfgruppe. „Ich bin durch die Erdmännchen selbst zum Golfer geworden“, sagt der 44-Jährige.
Die sportlichen Aushängeschilder der Erdmännchen sind der 21-jährige Anton Wisker und der 20-jährige Quentin Thomann. Beide waren unter anderem bei der diesjährigen Deutschen Meisterschaft der Golfer mit Behinderungen in Leipzig mit dabei. „Anton betreibt mehrere Sportarten, unter anderem Fußball und Klettern, aber Golf ist sein ein und alles“, sagt Vater Scott Wisker. Sein Sohn sei mit einem schweren Herzfehler geboren worden und habe dadurch kognitive Einschränkungen.
Sich allein auf einem Golfplatz zu orientieren, sei für Anton unmöglich. Den Ball zu finden und den richtigen Schläger zu wählen, dabei brauche er Hilfe. „Aber mit seinen kurzen und mittleren Eisen ist Anton super, Pitches sind seine Spezialität“, erklärt Scott Wisker. An guten Tagen spiele sein Sohn deutlich besser als sein Handicap von 26 – an schlechten Tagen aber auch deutlich schlechter. „Dann ist er in seinem Autismus drin und alles fällt ihm schwerer“, so Wisker. Das Tolle an den Erdmännchen sei der Umgang. „Sven Nürnberger, Ronja Kissinger und Jacob Beck behandelten die gehandicapten Golferinnen und Golfer völlig normal und ohne Berührungsängste.
Anton und Quentin: Erdmännchen der ersten Stunde
Genau wie Anton Wisker zählt Quentin Thomann zu den Erdmännchen der ersten Stunde. „Ich habe sogar schon viel früher, mit sechs oder sieben Jahren, angefangen Golf zu spielen“, erzählt der 20-jährige mit Down-Syndrom. Sein Vater Timo und sein Opa spielten ebenfalls Golf. Er sei zudem im Fußball aktiv, habe eine Ausbildung zum Trainer eines Handicapped-Teams gemacht. Quentin Thomanns golferisches Handicap liegt aktuell bei 25, wobei seine größten Stärken die Drives und die Putts sind.
„Die Erdmännchen werden im Mainzer Golfclub geliebt und geschätzt“, freut sich Vater Timo Thomann-Rompf. Er gebe seinen Sohn bei den Erdmännchen nicht einfach ab, sondern sei fast immer selbst als Caddie mit dabei. Zu einem halben Dutzend großer Turniere reise er jährlich mit Quentin und meist auch gemeinsam mit Anton Wisker und dessen Vater Scott. „Die Erdmännchen haben eigene Trikots und sind eine echte Community“, freut sich Thomann-Rompf.
Weltweit gebe es pro Jahr mehr als 100 Events für „disabled golfers“, mit G4D eine eigene europäische Tour und sogar eine Amateur-Weltrangliste. „Hinter den hochkarätigen EDGA-Events steht die European Disabled Golf Association, die von der DP World Tour gegründet wurde und auch mit ihr kooperiert“, erklärt Thomann-Rompf. Bei einigen Turnieren starteten jeweils ein Golfer mit Beeinträchtigung und ein gesunder Golfer gemeinsam als Team. „Quentin spielt nicht nur just for fun, sondern hat bei den Deutschen Meisterschaften schon zweimal die Stableford-Wertung gewonnen.“
Erdmännchen Sara braucht eine Stammzellen-Spende
Einen ganz anderen Kampf muss derzeit Erdmännchen-Gründungsmitglied Sara führen. „Bei unserer Tochter Sara wurde zum zweiten Mal Leukämie diagnostiziert. Von April 2020 bis Juni 2022 hat sie das erste Mal gegen die Leukämie gekämpft, die Chemotherapie durchgestanden und als strahlende Siegerin die Onkologische Station verlassen“, sagt Vater José Pires.
„Jetzt, als sie gerade wieder voll im Leben stand, kam der Blutkrebs zurück. Dieses Mal wird eine Chemotherapie nicht ausreichen. Die Chance auf eine dauerhafte und vollständige Genesung hat sie nur, wenn es irgendwo auf der Welt eine:n geeignete:n Stammzellenspender:in gibt. Bitte helft uns, Sara zu retten!“ Am 17. November finde in Nieder-Olm, südwestlich von Mainz, eine Typisierungsaktion statt. Eine Registrierung als Stammzellenspender ist bei der DKMS inzwischen aber auch online möglich.