Die Schlägerköpfe glänzen. Wie zu erwarten bei einem, der sein Geld mit Waschen verdient. Michael Kümpfel schwört auf ein hellblaues quadratisches Putztuch. „Das kommt eigentlich in der Feinmechanik-Industrie zum Einsatz, um Öle oder Späne zu entfernen“, weiß er. „Aber zum Putzen von Golfschlägern ist das Tuch auch super.“ Es ist sein eigenes Produkt, das Michael Kümpfel beim Golf treue Dienste erweist. Seit 25 Jahren arbeitet er für den Wiesbadener Textildienstleister Mewa, seit elf Jahren ist er im Vorstand der Unternehmensgruppe für Marketing und Vertrieb verantwortlich. MAIN.golf trifft den 58-Jährigen zu einer gemeinsamen Runde im Oberhessischen Golf-Club Marburg, Kümfpels Heimatclub.
„Meine Frau und ich haben vor sieben Jahren ein Hobby gesucht, das wir teilen können und haben Golf für uns entdeckt“, berichtet Kümpfel, Handicap 24. Er stamme aus der Umgebung, habe nur 15 Minuten bis zum Platz. Unter der Woche arbeite er am Mewa-Hauptsitz in Wiesbaden, Golf spiele er am Wochenende. Dabei könne er entspannen und die Blase verlassen, die sein Vorstandsposten mitunter schaffe. Sein erstes 9er-Eisen an diesem Tag schlägt er so blitzsauber, dass der Ball erst hinter dem Grün landet. „Die meisten Mitglieder hier im Club wissen gar nicht, was ich beruflich mache“, sagt er.
Mewa ist ein Hidden Champion
Vielleicht liegt es daran, dass auch Mewa den meisten noch immer kein Begriff ist. Dabei macht das Familienunternehmen mit seinen 47 Standorten und 6000 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von rund 950 Millionen Euro. Mewa bietet unter anderem Berufsbekleidung und Putztücher an, die zum Kunden gebracht, abgeholt, gewaschen und bei Verschleiß ersetzt werden. „Wir sind ein Hidden Champion, der vor einigen Jahren beschlossen hat, bekannter werden zu wollen, auch um als Arbeitgeber gute Leute für uns zu gewinnen“, sagt Kümpfel.
Kümpfel selbst sucht beim Golf etwas, das ihm im stressigen Berufsalltag fehle: Geduld. „Ich bin grundsätzlich ein ambitionierter Mensch, der viel unter Spannung steht, was beim Golf aber kontraproduktiv ist“, sagt er. Sich selbst zu reflektieren, halte er für eine seiner Qualitäten. Aber auf dem Golfplatz klappe das gar nicht. „Wenn ich, wie gerade eben, den Driver dünn treffe, dann kann ich nicht sagen, woran es jetzt lag“, gesteht Kümpfel. Da hilft es, dass sich der Manager von schlechten Golfschlägen nicht die Laune verderben lässt. „Ich verbringe hier meine Freizeit, was soll ich mich aufregen?“, sagt er und deutet auf die blühenden Rapsfelder, auf die man vom Platz des Oberhessischen Golf–Clubs Marburg aus im Frühling einen herrlichen Ausblick hat.
"Begeistert von Nina Hölzenbein"
Am sichtbarsten ist Mewa als Namensgeber des Stadions von Fußball-Bundesligist Mainz 05. Bei einem Spaß-Golfturnier in der Mewa-Arena hat Kümpfel vor zwei Jahren auch das Ausnahmetalent Nina Hölzenbein kennengelernt, die das Unternehmen seitdem als Sponsor unterstützt. Die Schülerin ist amtierende Deutsche Meisterin der AK18, gehört zum Junior Golf Team Germany und spielt für den Mainzer Golfclub. „Wir sehen uns als Chancengeber und möchten Nina dabei helfen, ihren sportlichen Weg zu gehen“, erklärt Kümpfel. „Dreimal habe ich schon gemeinsam mit Nina Golf gespielt, und ich bin jedes Mal begeistert von ihrer Athletik und Präzision.“
Dennoch dokumentiert Kümpfel seine Golfrunden penibel. Ohne Scorekarte gehe er nicht auf den Platz. „Meine Frau wundert sich darüber, aber ich habe immer das Bedürfnis zu zählen“, schildert Kümpfel. Von Mitspielern erwarte er, dass sie die Etikette beherrschen und ehrlich sind: „Wer beim Aufschreiben schummelt, betrügt nicht nur die anderen, sondern vor allem sich selbst.“ Zu Schwächen zu stehen, sei eine Stärke – und zugleich Ansporn, sich zu verbessern.
Bahn 17 mag Michael Kümpfel nicht
Besser sein könnte etwa Kümpfels Bilanz auf des 17. Bahn seines Heimatplatzes. „Das ist mein absolutes Hassloch, weil genau in meiner Drive-Landezone ein kleiner Graben die Bahn durchquert.“ Treffe er den Drive nicht perfekt, lande sein Ball zuverlässig im Wasser. Aus diesem Grund habe er nach seinen ersten golferischen Sturm- und Drang-Jahren das Thema Course-Management für sich entdeckt. „Ich lege jetzt häufiger vor“, beteuert Kümpfel. Auf der gemeinsamen Runde mit MAIN.golf will er es dann aber doch wissen, zückt den Driver und... Überquert den Graben nicht. Kümpfel nimmt es gelassen. Als er seinen Ball dann doch unter einem niedrigen Baum findet, freut er sich sogar über die Herausforderung, ihn wieder ins Spiel zu bringen.
Dass Wirtschaftsbosse wie er auf dem Golfplatz Geschäfte machen, gilt gemeinhin als Klischee. Widersprechen will Kümpfel dem nicht. „Auf der Runde werden natürlich keine Verträge gemacht oder unterschrieben, aber man lernt sich beim Golf sehr gut kennen und das ist eine unschätzbare Basis für eine Zusammenarbeit“, sagt der Mewa-Vorstand.