Jan Pelz erinnert sich an die erste Begegnung mit Max Schmitt, als wäre es gestern passiert: „Ich habe sofort erkannt, dass er über ein ganz besonderes, außergewöhnliches Talent verfügt. Als Landestrainer von Rheinland-Pfalz war ich auf einer Sichtung bei einem Jugendturnier in Bad Ems. Normalerweise gehe ich dann immer vier oder fünf Löcher mit den Flights mit. Aber das, was der zehn Jahre alte Max machte, war so beeindruckend, dass ich ihm weiter folgte. Er spielte dann auch noch ein sehr gutes Ergebnis. Ich nahm ihn dann in einen meiner Landeskader auf, der eigentlich für Vierzehn- bis Sechszehnjährige gedacht war. Max setzte sich durch seine spielerische Kompetenz auch da durch.“
Gut zehn Jahre sind seitdem ins Land gegangen, und Pelz und Schmitt arbeiten noch immer zusammen – überaus erfolgreich. Schmitt erfüllte sich seinen Jugendtraum: Er machte sein Hobby zum Beruf. Im November vorigen Jahres qualifizierte er sich für die European Tour, der vorläufige Höhepunkt einer Karriere, die im Garten seiner Eltern begann.
„Die ersten Schwünge habe mit Plastikschlägern gemacht, mit sechs oder sieben Jahren habe ich richtig mit Golf angefangen“, erinnert sich der 20-Jährige aus Andernach. Wie Eltern und Großeltern begann er im Golfclub Westerwald in Dreifelden mit dem Spiel. Schon 2010, da war er gerademal zwölf Jahre alt, gewann er nach der Jugendclubmeisterschaft auch noch die Herrenkonkurrenz seines Stammvereins. Mit 13 Jahren triumphierte er erstmals bei einer deutschen Jugendmeisterschaft und wurde in den Nationalkader aufgenommen. Die Stammvorgabe +0,9 hatte er mit 14 Jahren erreicht.
Mit 14 Jahren wechselte Max Schmitt in den Golfclub Rheinhessen
Als Scratch-Golfer wechselte Max Schmitt in den Golfclub Rheinhessen in St. Johann. Dem Verein, in dem seinen Coach Pelz als Head Pro arbeitet, ist er bis heute treu. Schmitt vertrat den Deutschen Golf Verband erfolgreich bei Welt- und Europameisterschaften sowie beim Junior Ryder Cup. Er kletterte in der Amateur-Weltrangliste bis auf Platz vier. So weit nach oben hatte es zuvor in diesem Ranking noch kein Deutscher geschafft. Als Amateur gewann er 2017 bei nur zehn Teilnahmen drei Mal auf der Pro Golf Tour. Die Siege in der dritten Profiliga in Europa bedeuteten die Qualifikation für die Challenge Tour.
Das gab den Ausschlag, die Schule mit der Mittleren Reife zu verlassen und mit der Stammvorgabe von +6,6, ein Rekord für einen deutschen Amateur, ins Profilager zu wechseln. „Aber im Grunde zählen Handicaps nichts. Viel wichtiger war, dass ich in der Amateur-Weltrangliste so gut platziert war“, sagt Schmitt. Mittlerweile ist er als deutscher Handicap-Rekordhalter von der Hamburgerin Esther Henseleit abgelöst worden, die mit der Vorgabe von +7,1 auf die European Ladies Tour wechselte.
Alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Profikarriere scheinen für Schmitt also gegeben. Durch konsequenten Verzicht auf Fast Food und Süßigkeiten hat er seit Ende 2017 ganze 23 Kilo abgenommen. Mit einer Körpergröße von 1,83 m und 78 Kilo wirkt er jetzt rank und schlank.
„Seine Abschlaglängen sind in der Länge Durchschnitt, aber er trifft dafür viele Fairways. Sein natürlicher Schlag ist ein Draw, aber er kann auch einen Fade spielen, flach oder hoch. Vor allem aber: Er kennt keine Angst oder Respekt vor einem Loch, was ich noch nie bei einem Profi erlebt habe. Ihm ist kein Loch zu eng. Deshalb kann er auch an Löchern, an denen andere Pros zum Holz 3 oder Eisen 2 greifen, mit dem Driver abschlagen und hat da einen Längenvorteil“, beschreibt der 41 Jahre alte Pelz, ein ehemaliger Amateur-Nationalspieler, die Stärke seines Musterschülers.
Schlägerkopfgeschwindigkeit von 115 Meilen
Schmitt beschleunigt seinen Driver auf 114, 115 Meilen in der Stunde und befördert damit laut Tourstatistik den Ball im Schnitt über die magische Grenze von 300 Yards (circa 275 Meter). Das ist weit genug, um auf allen Profitouren mitzumischen. Auch Schmitt nennt seine Präzision mit dem Driver als einen seiner Pluspunkte und fügt hinzu: „Ich haue meine Eisen oft sehr nah an die Fahne. Wenn ich mal ein Grün verfehle, schaffe ich auch meistens das Up and Down. Mein Putten ist auch in Ordnung. Lediglich auf holprigen Grüns tue ich mich schwer.“ Auch sein Umfeld ist bestens geregelt. Mit seinem Manager Sebastian Orth, der sich auch um Martin Kaymer kümmert, hat er einen erfahrenen Mann an seiner Seite.
Trotzdem musste auch Schmitt am Anfang seiner Profilaufbahn ein paar Tiefschläge verarbeiten. Er belegte zwar schon beim zweiten Auftritt auf der Challenge Tour im April 2018 bei der Turkish Airlines Challenge in Belek den vierten Platz. Aber danach lief es nicht mehr, auch weil er den Tod seines Vaters überwinden musste. Am Ende belegte er in der Rangliste der Challenge Tour nur den 72. Platz. Das war weit entfernt von den Top 15, die automatisch in die European Tour aufsteigen.
So blieb nur der Weg über die Tour School im November 2018. Erst im Stechen schaffte er nach vier Runden den Sprung von der Second Stage ins Final Qualifying, sechs Runden, die er auf Platz 24 abschloss und sich damit als einer von 25 Profis die volle Spielberechtigung für die European Tour sicherte. „Das war das Härteste, körperlich und mental“, beschreibt Schmitt diese Nervenprobe.
Auch wer sie besteht, hat damit immer noch einen weiten Weg vor sich. Denn die European Tour macht es Rookies nicht leicht. „Mein erstes Ziel ist es, die Tourkarte zu behalten. Das ist schwer genug. In diesem Jahr wurde eine neue Punktewertung eingeführt, keiner weiß bisher so recht, wie das läuft“, sagt Schmitt. Um sich die sogenannte Tour Card zu sichern, musste man in der vorigen Saison 390.000 Euro Preisgeld verdienen, um unter die Top 110 im Race to Dubai (europäische Geldrangliste) zu kommen.
Max Schmitt: "Top-Ten zeigt, dass ich auf die European Tour gehöre"
Auch wenn es mit der neuen Punktwertung für die Neulinge etwa gerechter zugehen soll, darf man davon ausgehen, dass auch in dieser Saison eine ähnliche Summe spielend eingenommen werden muss, um sich den Arbeitsplatz für die Saison 2019/2020 zu sichern und in eine Kategorie aufzusteigen, die auch die Teilnahme an Turnieren der Rolex Series ermöglicht. Denn Aufsteigern aus der Challenge Tour und Tour School kommen in diese mit sieben Millionen Dollar dotierten Veranstaltungen in der Regel nicht hinein.
„Ich bin ganz gut in die Saison mit einem siebten Platz in Mauritius gestartet, insgesamt würde ich den Start als gelungen bezeichnen. Die Top-Ten-Platzierung zeigt, dass ich auf die European Tour gehöre“, sagt Schmitt. Eine positive Bilanz nach den ersten Monaten auf seinem neuen Arbeitsplatz. Auch verpasste Cuts wie bei seinem Trip nach Australien im Januar oder im März in Qatar, steckt er weg. „Das Gute am Golf ist, es gibt immer einen neuen Schlag, eine neue Runde, ein neues Turnier.“ Bei rund zwanzig Tour-Turnieren wird Schmitt in diesem Jahr wohl antreten können. Darunter die BMW International Open Ende Juni in Eichenried und die Porsche European Open Anfang September in Winsen an der Luhe.
Ein Termin steht für den Golfer vom Golfclub Rheinhessen allerdings ganz oben: „Ich habe meiner Oma zu Weihnachten einen Gutschein für eine Runde mit mir geschenkt. Sie bereitet sich schon darauf vor. Den will ich auch jeden Fall einlösen.“