Es gibt für Anfänger sicher leichtere Plätze als den Bad Vilbeler Golfclub Lindenhof. Wasserhindernisse auf 13 von 18 Bahnen – das ist eine Besonderheit dieser gerade in den Sommermonaten wunderschönen Anlage. Frankfurts ehemalige Oberbürgermeisterin Petra Roth hat sich genau diesen Club ausgesucht, als sie vor zwei Jahren angefangen hat, Golf zu spielen, mit 70 Jahren. Fünf Minuten sind es von ihrem Haus in Niedererlenbach mit dem Auto bis hierhin. „Ich habe immer gesagt, nach meiner Zeit im Römer spiele ich Golf“, erzählt Roth, als sie sich auf der Driving Range einschlägt. Das Blau, das sie von Kopf bis Fuß trägt, passt irgendwie zu diesem eisigen aber sonnig klaren Märztag. Bengt Plaschke, ihr Trainer, reicht die Schläger an und verfolgt das Aufwärmprozedere. „Ich fange immer mit den langen Schlägern an“, reklamiert Roth das 9er-Eisen. „Bitte den Driver.“
Auf dem Weg zum ersten Abschlag beichtet sie überraschend: „Ich habe auf meinem Heimatplatz bisher noch keine ganze Runde gespielt.“ Sie übe noch und habe stattdessen an drei Golfreisen von Trainer Plaschke teilgenommen, bei denen es mit anderen Clubmitgliedern auf die Kanaren, nach Irland und ins türkische Belek ging. Entsprechend gut kennt der Golflehrer seine Schülerin inzwischen. „Petra ist sportlich ambitioniert und furchtlos“, sagt er anerkennend. Wir vereinbaren eine Neun-Loch-Runde.
Petra Roth nimmt sich Zeit für ihr Setup. Es sieht aus, als hake sie still eine Checkliste ab. Zuletzt prüft sie den Griff, korrigiert ein wenig, dann schlägt sie zu. Ihr Ball trifft die Mitte des Fairways und bleibt nach 130 Metern liegen. Ein wenig ist ihr die Überraschung anzusehen. „Ich freue mir für meine guten Schläge ein Loch in den Bauch“, jubelt die, die wenige Minuten zuvor noch befürchtete, den Erwartungen nicht gerecht werden zu können. Als auch der Schlag mit dem Fairwayholz zum Grün sitzt, erlaubt sich Roth, zu schwärmen: „Golf ist ein hochinteressantes Spiel, weil ich mich als Spielerin den Gegebenheiten der Natur anpassen muss.“ So klingt keine, die Angst vor Wasserhindernissen hat.
Auch bei Kälte spielt Petra Roth Golf
Noch eiskälter als der Wind ist ihr Drive an Loch elf, am Wasser vorbei. „Die Temperatur ist mir egal“, kommentiert sie. „Ich komme ja gebürtig aus Norddeutschland.“ Verblüffend ist neben den kräftigen und präzisen Drives – die besten Schläge in Roths Repertoire –, wie die Spätstarterin mit ihren schlechten Schlägen umgeht. Es gibt Anfänger, die machen sich und andere verrückt, wenn etwas nicht so läuft, wie sie es gerne hätten. So zu beobachten gerade bei Exemplaren, die es außerhalb des Golfplatzes eher gewohnt sind, dass alles nach ihrer Pfeife tanzt. Petra Roth entspricht eindeutig nicht diesem Typus. Auch als sie auf dem zwölften Loch zehn Schläge notiert, flucht sie nicht.
Roth erzählt lieber von ihrer Jugend im Bremer Club zu Vahr. Sie sei ein absolutes Clubkind, habe mit zehn Jahren angefangen, Tennis zu spielen. Hockey und Golf sei im Club auch gespielt worden, und sicher hätte sie damals auch mal einen Golfschläger in der Hand gehabt. Aber als es dann später mit der Familie und der politischen Karriere losging, sei nicht einmal mehr Zeit für ihr geliebtes Tennis gewesen – geschweige denn für Windsurfen, das sie immer mal lernen wollte. „Ich habe mein Amt als Oberbürgermeisterin zu einhundert Prozent versucht auszufüllen“, erklärt sie. Morgens früh vor der Arbeit zu spielen, sei für sie nicht in Frage gekommen.
Roth: "Ich will das können"
Jetzt kann Roth zumindest annähernd frei wählen, wann sie die Golfschläger zur Hand nehmen möchte. In zahlreichen Kuratorien von Stiftungen ist die CDU-Frau noch aktiv, dazu kommen ein paar Aufsichtsratsposten und eine Tätigkeit als Unternehmensberaterin. „Ich bin sehr froh, jetzt genau das zu machen, was ich mir vorgenommen habe“, nennt Roth das. Und Golf gehört eben auch dazu. „Ich will das können.“ Ihren ersten Satz Schläger habe sie sich in Warnsdorf an der Ostsee gekauft, nach einen Schnupperkurs, für 170 Euro. Roth zuckt mit den Schultern. Das Material erfülle seinen Zweck. Schließlich habe ihr der Caddiemaster in Bad Vilbel noch ein Fairwayholz ins Bag empfohlen. Mit den Zahlen auf den Schlägern sei sie noch nicht firm, bekennt Roth. Manchmal zögert sie.
Zu den unverhandelbaren Aspekten des Golfspiels mag ein zügiges Spieltempo zählen. Und die begeisterte Golferin Petra Roth mag – wie viele Anfänger – noch mehr zur Igel- als zur Hasenfraktion auf dem Platz gehören. Doch die kindliche Freude und die Neugier, mit der die Grande Dame der Frankfurter Politik ihren neuen Sport betreibt, sind bemerkenswert und unterhaltsam.
Die 18. Bahn des Bad Vilbeler Golfclub Lindenhof ist ein Par 3 mit Inselgrün direkt vor dem Clubhaus. Mit unschlüssigem Blick taxiert Petra Roth ihr Bag, schaut dann fragend auf. Wir empfehlen das auf der Range verschmähte 9er-Eisen. Als ihr damit anschließend ein blitzsauberer Eisenschlag übers Wasser gelingt, kommt Roth aus dem Danken kaum noch heraus. Den Dreiputt schieben wir auf das zottelige Wintergrün. Aber Petra Roth sucht gar keinen Schuldigen. Mit dieser Einstellung wird sie es sicher weit bringen.