Es heißt, es habe geschneit, als Harry S. Colt zum ersten Mal nach Frankfurt kam. Der heute noch immer weltberühmte Londoner Golfplatzarchitekt (1869-1951) folgte im März 1927 dem Auftrag, im Niederräder Stadtwald einen 18-Loch-Platz zu entwerfen. Colt soll beeindruckt gewesen sein, dass seine Gastgeber vom Frankfurter Golf Club ihn bald schon seiner Arbeit nachgehen ließen, während sie auf dem bereits existierenden 9-Loch-Platz im benachbarten Goldstein mit roten Bällen durch den Schnee zu pflügten. Diesen Frankfurter Golf-Enthusiasten baute Colt gemeinsam mit seinem Team einen Platz, der 1928 mit einem Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande eröffnet wurde und noch immer als einer der besten in Deutschland gilt.
Insgesamt hat Colt 115 Plätze selbst konzipiert und war am Design oder Redesign von mehr als 300 Anlagen weltweit als Kopf der Partnerschaft Colt, Alison & Morrison beteiligt. Spitzenplätze wie Pine Valley in den USA, oftmals geratet als Nummer eins der Welt, sind darunter. In Großbritannien waren es unter vielen anderen die großartigen Plätze von Sunningdale, Muirfield, Royal Portrush und Wentworth. Zudem errichtete Colt mit seinem Team 1930 den Platz des Hamburger Golf-Clubs Falkenstein, den viele für das als Nonplusultra hierzulande halten. Seine zeitlosen Platzentwürfe machen den ursprünglich studierten Rechtsanwalt und langjährigen Clubsekretär des Sunningdale Golf Club noch immer zum Meister seiner Zunft. Golfplatzarchitekten orientieren sich bis heute an Colts Design-Philosophie:
Oberstes Gebot war für den gebürtigen Londoner die Nutzung der natürlichen Landschaft und die Vermeidung von größeren Erdbewegungen. So soll Colt auch das Dogleg „erfunden“ haben. Er ist berühmt für den Bau von Inlandkursen, die aufgrund des sandigen, oft heidebewachsenen Bodens ungeeignet für die Landwirtschaft waren und den am Meer gelegenen Golfplätzen in vielerlei Hinsicht ähneln. Im Frankfurter Stadtwald fand er dafür ideale Voraussetzungen. Eiszeitliche Sandstürme haben dort eine Dünenlandschaft geschaffen, die Colt für erhöhte Abschläge und Grüns genutzt hat. Dadurch sind Bahnen mit hohem Erinnerungswert entstanden.
Harry S. Colt war zunächst Rechtsanwalt
Colt bevorzugte breite Fairways, tiefe Bunker mit Sandböschungen und leicht ondulierte, faire Grüns. Am Rand der Spielbahnen setzte er gern Heideflächen ein. Mit dem Platzdesign sollten „Risk and Reward“-Situationen für das von ihm geforderte strategische Course Management entstehen, wobei er für die unterschiedlichen Spielstärken das Ziel „easy bogey, difficult par“ formulierte. Nach seiner Philosophie sollten die Golfer aller Spielstärken Freude an einem abwechslungsreichen Spiel in der Natur empfinden. Höchste Anerkennung als Golfplatzarchitekten empfand er, wenn die Spieler immer wieder gern „seinen Platz“ spielten. Das Design eines Platzes sollte entsprechend zeitlos attraktiv sein – was Frankfurt und viele andere Colt-Kurse nach bald 100 Jahren in beeindruckender Weise zeigen.
Der Weg zum Pionier der Golfplatzarchitektur war ihm jedoch nicht vorgezeichnet. Nach der Schulzeit studierte Colt zunächst Jura in Cambridge und war dort 1889 Captain des University Golf Clubs. Ab 1894 arbeitete er als Anwalt und Partner der Kanzlei Sayer & Colt. Nebenher wirkte er beim Platzbau des Rye Golf Club in East Sussex mit und war dort auch ehrenamtlicher Clubsekretär. Seine Leidenschaft für das Golfspiel veranlasste ihn schließlich, sich 1901 um die Stelle des Clubsekretärs im Sunningdale Golf Club zu bewerben. Colt wurde unter 435 Bewerbern ausgewählt und übernahm aus dieser sicheren Anstellung heraus erste Design-Projekte. Zunächst überarbeitete er die Fairways und Bunker des Old Course von Sunningdale, und dieser Erfolg inspirierte ihn zu weiteren Design-Aktivitäten.
1913 verließ er seine Position in Sunningdale und startete eine beeindruckende Karriere als weltweit gefragter Golfplatz-architekt. In Erinnerung an ihn wurde 2003 „The Colt Association“ gegründet. Für Mitglieder aus Colt-Clubs veranstaltet der Stoke Park Golf & Counrty Club alljährlich ein Turnier zu dessen Ehren. Der Frankfurter Golf Club und der Golf de Saint-Germain bei Paris haben 2023 erstmals einen "Harry S. Colt Fellowship Cup" ausgetragen.