Laura, du warst 2019 und 2020 in der Geldrangliste der Ladies European Tour unter den Top 10, wurdest dann aber durch die Corona-Pandemie und eine langwierige Verletzung ausgebremst. Helen, für dich war es im vergangenen Jahr die Premieren-Saison auf der LET. Welche Erwartungen habt ihr an eure LET-Saison?
Helen Tamy Kreuzer: Mein Ziel ist ganz klar, die volle Spielberechtigung für die LET zu bekommen. Dafür muss ich am Ende der Saison unter den besten 70 Spielerinnen sein. Diese Kategorie hätte ich dann im Folgejahr sicher und könnte damit alle Turniere spielen. Ich komme zwar jetzt schon in viele Events rein, aber mitunter erst sehr kurzfristig. Für meine Saisonplanung ist das nicht ideal.
Laura Fünfstück: Wir liegen mit unseren Zielen nicht weit auseinander. Da ich schon mal in der Position war, mir Turniere aussuchen zu können, möchte ich unbedingt wieder dahin zurück. Aktuell habe ich wie Helen eine Rerank-Kategorie. Das heißt: Zweimal in der Saison werden alle Spielerinnen, die außerhalb der Top 70 liegen, nach Performance neu kategorisiert. Wer schwach in die Saison startet, kann den bisherigen Status also schnell verlieren und nur noch in die Turniere mit weniger Preisgeld reinkommen. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, ob das gerecht ist oder nicht.
Wie gut fühlst du dich körperlich und mental vorbereitet?
Laura Fünfstück: Ich musste wegen meiner Rückenbeschwerden einige Umstellungen machen in meinem Schwung. Die Pause habe ich auch für einen kompletten Neustart beim Putten und Chippen genutzt. Mit der neuen Technik unter Druck auf dem Platz bestehen zu können, hat zwar deutlich länger gedauert als erwartet. Aber ich glaube, dass ich damit höher ansetzen kann als zuvor. Für mich geht es jetzt darum, meine Spielroutine wiederzufinden. Auch Selbstvertrauen. Ich dachte, das ist da. Aber das war erstmal nicht so.
Mit wie vielen Starts plant ihr, um euer Ziel zu erreichen?
Helen Tamy Kreuzer: Das ist schwer zu sagen und abhängig vom Re-Ranking. Wenn die nächsten Events in Frankreich, Belgien und für Laura auch in Florida gut laufen, dann können wir bei den mittleren und kleineren Turnieren den vollen Kalender spielen.
Laura Fünfstück: Ja, seriös ist das nicht zu prognostizieren. Wenn Spielerinnen, die bisher hinter uns lagen, plötzlich total gut spielen, rutschen wir zwangsläufig ab. Mit einem ordentlichen Re-Ranking spielen wir noch etwa 15 Turniere – mit der Option sich noch für die ganz großen Turniere zu qualifizieren.
Laura, wie viel ist die Erfahrung aus deinen sehr erfolgreichen Jahren 2019 und 2020 wert?
Laura Fünfstück:Natürlich gibt mir das grundsätzlich einen Glauben daran, um Siege mitspielen zu können. Das treibt mich an. Ich war auf der LET immerhin ein paar Mal schon nah dran. Aber ich stehe nicht beim Turnier auf dem ersten Abschlag und sage: Ich gewinne hier. Sagen wir so: Manchmal ist die Stimme lauter, manchmal leiser.
Helen, dein bestes Ergebnis auf der LET war 2022 ein geteilter elfter Platz bei der KPMG Women’s Irish Open. Wie hast du das für dich verbucht?
Helen Tamy Kreuzer: Ehrlich gesagt, habe ich das nicht kommen sehen. Ein paar Wochen vorher hatte ich Corona, was mich ganz schön mitgenommen hat. In den zwei Turnieren vor Irland, das war in der Schweiz und in Frankreich, habe ich jeweils den Cut verpasst. Ich hatte also keinen gesteigerten Grund dazu, selbstbewusst nach Irland zu reisen.
Was ist dann passiert?
Helen Tamy Kreuzer: Ich habe versucht, das ganze Negative zu vergessen, und habe mich in beiden Einspielrunden mit Pia Babnik richtig gut gefühlt. Ich habe gesehen, dass ich nicht weit weg bin von ihr, die auf der LET immer oben mitspielt. Den Cut habe ich dann gerade so um einen Schlag geschafft, aber am Finaltag dann eine Sieben unter Par gespielt. In den ersten beiden Runden stand ich mit einem anderen Gefühl auf dem Tee, als am Wochenende, weil es dann nichts mehr zu verlieren gab. Wenn es mir gelingt, mit dieser Leichtigkeit schon ins Turnier zu starten, dann ist noch mehr drin.
Seit vergangenem Jahr gibt es wieder ein LET-Event in Deutschland, das Amundi German Masters im Golf & Country Club Seddiner See nahe Berlin. Wie wichtig ist das für euch als deutsche Spielerinnen?
Helen Tamy Kreuzer: Das ist für mich ein totales Highlight. Wir reisen so viel durch die Welt und erleben, wie sehr die Spielerinnen jeweils von ihren Heimfans gepusht werden. In Seddin waren viele Zuschauer da, Leute vom Deutschen Golf Verband, aus dem Frankfurter Golf Club und auch meine Familie. Das beflügelt auf jeden Fall.
Seid ihr beide Mitte Juni beim Amundi German Masters am Start?
Laura Fünfstück: Ich gehe fest davon aus.
Helen Tamy Kreuzer: Sehr sicher.
Helen war in Florida am College, Laura in South Carolina. Wie präsent ist für euch das Ziel LPGA Tour?
Laura Fünfstück: Vor zwei Jahren hätte ich gesagt, dass die Qualifying School der LPGA fest eingeplant ist. Jetzt liegt meine Priorität auf der LET. Wenn mein Spiel in den nächsten Wochen heißläuft, dann spiele ich vielleicht um eine Tourkarte in den USA. Es kann aber genauso sein, dass ich am Ende des Jahres zur Q-School für die LET muss.
Helen Tamy Kreuzer: Für mich ist die LPGA Tour definitiv mittelfristig oder langfristig das Ziel. Ich habe mich in den USA sehr wohlgefühlt, die Golfplätze liegen mir und mein Coach ist immer noch dort. Wenn ich mich via Weltranglistenplatz direkt für die zweite Runde qualifizieren kann, würde ich bei der Q-School starten. Die erste Stage liegt leider mitten in unserer LET-Saison. Da wäre es unsinnig, ein Turnier zu verpassen und seine Karte zu riskieren.
Die Rivalität zwischen dem Golf-Club Neuhof und dem Frankfurter Golf Club, gibt es die auch, wenn man zusammen auf der Tour unterwegs ist?
Laura Fünfstück: Nein, ich bin froh darüber, wenn es mehr gute Spielerinnen in unserer Region gibt, mit denen ich zusammen trainieren oder zocken kann. Je mehr man sich mit starken Spielerinnen umgibt, desto mehr ist man gefordert und kommt voran.