Früher als in Bad Homburg wurde nirgendwo in Deutschland Golf gespielt, das ist historisch belegt. Doch wer ab etwa 1889 die einst noch mit Federn gestopften Bälle über die Wiesen des Kurparks trieb und warum, das liegt noch immer weitgehend im Dunkeln. Abgesehen natürlich von den Royals, die sich im Home of Golf in Germany die Ehre gaben, und denen der Royal Homburger Golf Club 1899 sein königliches Präfix verdankt – als einziger Club in Deutschland. Frühe Zeugnisse aus der Geschichte des Homburg Golf Club gingen fast sämtlich im Zweiten Weltkrieg verloren. Daher folgten Robert Gaertner und Robert K.L. Westermann, der Präsident und der Clubhistoriker des Royal Homburger Golf Club, Mitte März einer vielversprechenden Spur ins südfranzösische Pau, wo der älteste Golfplatz auf dem europäischen Festland liegt.
„Wir haben festgestellt, dass allein elf unserer 80 Gründungsmitglieder aus Pau kamen“, sagt Westermann. Diese Erkenntnis brachte ein Mitgliederverzeichnis des Homburg Golf Club aus dem Jahr 1902, das der 71-Jährige einem Sammler von Golfantiquitäten im Schwarzwald abgekauft hat. Darin fanden sich neben Namen auch Adressen. Bei seinen anschließenden Recherchen fand Westermann heraus, dass das Homburger Gründungsmitglied James Mellor 1896 Captain des Pau Golf Club war. Nach heutigen Maßstäben wäre Mellor Präsident. „Klar, dass der Club in Pau uns mehr über Mellor und die anderen Homburger Golfer aus Pau erzählen kann, als wir wissen“, ist Westermann überzeugt.
Zumal der bereits 1856 gegründete Pau Golf Club seine Historie sorgsam aufgearbeitet hat. Das Clubhaus im viktorianischen Stil gleicht im Inneren einem Museum. Glasvitrinen sind voll von geschichtsträchtigen Pokalen, ausgestellt sind auch alte Hickoryschläger und Golfkleider. Alles hier atmet Geschichte. Den Gästen aus Bad Homburg ist die Bewunderung anzusehen, als Präsident Jean-Loup Lacombe ihnen die diversen Schätze des Clubs präsentiert. „Unsere Geschichte macht uns einzigartig im Vergleich zu den vielen anderen Golfclubs“, sagt er und meint damit auch seine Besucher.
Ein Bild vom Vater des Bad Homburger Old Course
An den grün tapezierten Wänden hängen Fotos, zum Teil auch Gemälde, die unter anderem James Mellor und Lewis Hornor zeigen. Beide waren einst Vorstandsmitglieder in Homburg Golf Club. „Hornor war sehr wahrscheinlich einer der beiden Architekten unseres Old Course im Kurpark“, berichtet Historiker Westermann den Gastgebern. Eines der Geschenke, die Paus Präsident Lacombe den Besuchern aus Deutschland überreicht, ist denn auch der Nachdruck einer feinen Malerei, die Hornor beim Putten zeigt. Ein Bild vom Vater des Old Course, dem Home of Golf in Germany, das gab es in der Kurstadt bisher nicht.
Waschechte Franzosen waren die frühen Golfer aus Pau indes nicht. Das verraten schon die Namen. „Die meisten Golfer stammten aus Großbritannien und kamen ab 1845 hierher“, erzählt Paus Clubhistoriker Yves Caillé. Den Impuls dazu habe das Buch eines britischen Mediziners gegeben, der über das vorteilhafte Klima in Pau schrieb. „Jedes Jahr zwischen September und April bevölkerten Engländer, Schotten und Iren unsere Stadt und brachten natürlich ihre Sportarten mit“, sagt Caillé. Aus den einheimischen „frères cadets“, den Taschenträgern, seien in englischer Aussprache schnell „Caddies“ geworden. „Der Begriff stammt aus Pau“, beteuert Caillé. Diese und andere Geschichten hat der Franzose in zwei Büchern niedergeschrieben und dafür unzählige Quellen ausgewertet, die er vor 30 Jahren auf dem Dachboden des Clubs fand.
Clubmitglieder aus Pau kamen offenbar erstmals nach Bad Homburg, als der Prinz of Wales und spätere König Edward VII vor der Jahrhundertwende Jahr für Jahr mit seiner Entourage zum Urlaub am Taunus gastierte. Und weil die passionierten Golfer ihren Sport auch dort nicht missen wollten, entstand im Kurpark ein Neun-Loch-Platz, von dem heute noch sechs Löcher erhalten sind.
Bad Homburger erhalten Einladung zum Hamilton Cup
„Der Pau Golf Club bietet viel Inspiration, wie wir als Wiege von Golf in Deutschland mit unserem Erbe umgehen können“, sagt RHGC-Präsident Robert Gaertner: mehr Geschichtsbewusstsein, mehr Atmosphäre und mehr jugendliches Leben auf dem Old Course. „Für diese Ziele werden wir zusammen mit der Stadt einen Förderverein gründen“, kündigt Gaertner an. Denn die finanzielle Herausforderung für seinen Club ist angesichts von zwei Plätzen – Old Course und New Course – und zwei Clubhäusern ungleich größer als in Pau mit nur einem 18-Loch-Platz.
Paus Präsident Jean-Loup Lacombe verspricht, dass er bald für einen Gegenbesuch nach Bad Homburg kommen werde. Den Schritt zu einer Partnerschaft jenseits vom Austausch historischen Wissens haben die beiden Clubs aber schon jetzt gemacht. Der Royal Homburger Golf Club darf zukünftig als einer von rund 20 Clubs am Hamilton Cup teilnehmen. Dabei handelt es sich um einen von Pau initiierten Wettstreit von mehr als 100 Jahre alten Clubs in Europa.