Häufig schon wurde mir die Frage nach dem ältesten deutschen Golfclub gestellt. Einleitend möchte ich sagen, dass es ganz entscheidend ist, hier zu präzisieren. Die Existenz eines Golfplatzes belegt noch nicht, dass auch ein Golfclub gegründet und womöglich schon im Vereinsregister eingetragen ist. Wobei ein Verein auch entstehen kann, ohne dass er eingetragen ist. Vor allem in Kurorten wie Bad Homburg, Bad Nauheim oder Bad Wildungen wurden bereits in den 1890er bzw. 1900er Jahren Golfplätze durch die Kurverwaltungen angelegt, ohne dass es zwangsläufig zur Gründung eines Golfclubs kam.
Der Royal & Ancient Golf Club im schottischen St Andrews empfiehlt für die Bestimmung einer Clubgründung insbesondere bei fehlenden Vereinsregistereinträgen Golfhandbücher wie etwa das zum ersten Mal 1888 erschienene Golfing Annual hinzuzuziehen. In der vierten Ausgabe dieses Jahrbuches 1890-1891, erschienen 1891, wird mit dem Homburg Ladies’ Golf Club, gegründet 1890, erstmals ein Golfclub in Deutschland aufgeführt. Wurde hier schon der Grundstein für das erfolgreiche deutsche Damengolf gelegt?
Golfhandbücher liefern Aufschluss
Ob dieser Damengolfclub nur kurzlebig war, entzieht sich leider unserer Kenntnis. So ergibt es sich, dass in der fünften Ausgabe (erschienen 1892) und sechsten Ausgabe (erschienen 1893) des Golfing Annual nur je ein deutscher Club aufgeführt ist, nämlich der Darmstadt Golf Club, gegründet im Februar 1892, unter dem Patronat des Großherzogs von Hessen-Darmstadt. Das ist insofern interessant, als dass im Jahr 1911 ein Großherzoglicher Golf-Klub Darmstadt wieder gegründet wird, der 1912 in den 1907 gegründeten Deutschen Golf Verband aufgenommen wird. Dieser Club mit einem Golfplatz am Böllenfalltor, der heutigen Heimstätte des Fußballbundesligavereins SV Darmstadt 98, geht in den Wirren des zweiten Weltkriegs durch Auflösung unter. Das ehemalige Golfclubhaus ist heute Heim des Tennis- und Eisclub Darmstadt e.V. Interessant ist auch, dass der heutige, 1973 gegründete, Golf-Club Darmstadt Traisa traditionsbewusst das großherzogliche Wappen als Club-Logo fortführt.
Der dritte im Golfing Annual aufgeführte Deutsche Golfclub ist der Berlin Golf Club, gegründet 1895, so steht es zumindest in der 1896 erschienen neunten Ausgabe, nachdem in den beiden vorgenannten Ausgaben ein deutscher Club Fehlanzeige war. In der nachfolgenden zehnten Ausgabe werden dann der Berlin Golf Club (gegründet 1895), der Dresden Golf Club (gegründet am 22.12.1896) und der Homburg Golf Club (ohne Gründungsdatum) aufgeführt. Im Folgejahr (1898) wird dann erstmals der Wiesbaden Golf Club, allerdings ohne jegliche Details, aufgeführt. In der Ausgabe der Jahrhundertwende werden weitere Deutsche Golfclubs in Baden-Baden (ohne Details) und Bremen (gegründet im Mai 1898) aufgeführt. Für Wiesbaden erscheinen wiederum keine Details, in der nachfolgenden Ausgabe fehlt Wiesbaden dann gänzlich.
Und doch gibt es auch für Wiesbaden frühe Quellen: Zum einen schreibt das in Berlin erschienene Blatt Sport und Spiel am 9. Dezember 1893, dass in Wiesbaden „seit sechs Wochen ein Club besteht, der an die dreißig Mitglieder, darunter zahlreiche Ausländer, zählt“. Doch schon am 17.2.1894 vermeldet Gentlewoman, dass der neue Golfclub in Wiesbaden nicht sehr erfolgreich sei und es nur sehr wenige Mitglieder gäbe. Im De Amsterdammer vom 27. Mai 1894 ist belegt, dass kurz zuvor in Wiesbaden ein Golfturnier gespielt wurde, bei dem zwei Damen die ersten Preise gewannen. Am 7. Juni 1895 behauptet das britische Golf, dass der Wiesbaden Golf Club der erste sei, der das Spiel in Deutschland eingeführt hat und immer wieder kleinere Turniere für seine Mitglieder organisiere.
Wiesbadener Golf-Club laut DGV-Handbuch 1911 gegründet
Wenig später ist der Wiesbadener Club wieder eingegangen, denn am 16.9.1898 schreibt das britische Golf auf Seite 33, dass es nicht in der Lage sei, irgendwelche Informationen über Golf in Wiesbaden beizubringen. Als im Jahr 1911 der Wiesbadener Golf-Club gegründet wird, tritt dieser noch im selben Jahr dem Deutschen Golf Verband (DGV) bei und beruft sich bei seiner Gründung anscheinend nicht auf einen in den 1890er Jahren gegebenenfalls existierenden Wiesbadener Golfclub, siehe Jahrbuch des DGV von 1912:
Auch für den Berlin Golf Club gibt es frühere Quellen, so schreibt Sport im Bild im Juni 1895, dass der Club im Vorjahr geründet worden sei. Spiel und Sport berichtete bereits in seiner Ausgabe vom 12. Mai 1894, dass ein Charlottenburger Golf-Club gegründet sei und der Golfplatz für ein Spiel bereit sei.
Der Berlin Golf Club firmierte in den 1910er Jahren zum Golf-Club Berlin um, mit der Eröffnung des Wannsee-Golfplatzes 1926 erfolgte dann eine weitere Namensänderung in Golf- und Land-Club Berlin-Wannsee. Insofern ist die heute unter Golfhistorikern vorherrschende Ansicht, dass dieser Verein der älteste ununterbrochen noch existierende Golfclub Deutschlands ist, insbesondere da der Wiesbadener Golf-Club, mindestens über zehn Jahre zwischen 1898 und 1910 nicht existierte.
Ältester Golfplatz liegt in Bad Homburg
Der älteste Golfplatz Deutschlands indes findet sich im Kurpark Bad Homburg, 1889 wurde dort wohl das erste Mal Golf gespielt. Es gab jedoch zu diesem Zeitpunkt keinen Verein, der Homburg Ladies’ Golf Club ist ebenso wie der Darmstadt Golf Club zwischenzeitlich eingegangen. Und ein Golfclub wurde in Bad Homburg erst 1899 gegründet, so dass dort in diesem Jahr der Royal Homburger Golf Club sein 125-jähriges Bestehen feiert.
Christoph Meister ist der vielleicht renommierteste Golfhistoriker Deutschlands. Er hat als Autor zu zahlreichen Jubiläums-Publikationen beigetragen, u.a. zu „100 Jahre Frankfurter Golf Club“ oder „125 Jahre Golf in Berlin und Brandenburg". Meister ist Captain der German Hickory Society und lebt in Hamburg.