„Wir tun uns wahnsinnig schwer, Kinder und Jugendliche in die Golfclubs zu holen“, sagt Karin Schiel vom Golfverband Rheinland-Pfalz/Saarland. Wir, damit meint die Geschäftsstellenleiterin vor allem die Golfclubs. Das Problem sei inzwischen beachtlich und für die Zukunft der Clubs bedrohlich. „Der heutige Wasserkopf von Mitgliedern jenseits der 50 Jahre wird mittelfristig verschwinden, wenn keine jüngeren Golferinnen und Golfer mehr nachkommen“, prophezeit Schiel. Weniger Mitglieder bedeute irgendwann auch weniger Golfanlagen. Die Nachwuchssorgen im Golfsport könnten zu einem existenziellen Problem für die Branche werden.
Mittel für "Abschlag Schule" zuletzt halbiert
In Rheinland-Pfalz und dem Saarland ist die Zahl der Golferinnen und Golfer unter 21 Jahre seit 2010 laut Verband von 2831 auf 2292 gesunken. Das entspricht einem Rückgang von 19 Prozent und damit exakt dem bundesweiten Trend. Der Deutsche Golf Verband (DGV) hatte vor wenigen Tagen via Instagram vermeldet, dass heute rund 10.000 Kinder und Jugendliche (bis einschließlich 18 Jahre) weniger Golf spielen als noch 2010. Kritische Kommentare folgten, die dem Verband eine Mitschuld geben. Der DGV habe schließlich seine Fördermittel für das Projekt „Abschlag Schule“ zuletzt halbiert und das Qualitätsmanagement für die leistungsorientierte Nachwuchsförderung in den Clubs ausgesetzt.
„Die Zusammenarbeit mit Schulen ist aus meiner Sicht entscheidend, um Kinder und Jugendliche mit Golf in Berührung zu bringen“, sagt Karin Schiel. „Allerdings ist meine Beobachtung, dass die Clubs nicht wirklich willkommen sind.“ Viele Schulen reagierten auf externe Hilfsangebote skeptisch bis ablehnend. Umso fataler sind laut Schiel die Kürzungen beim Schulgolf-Projekt. „In die Schulen wieder reinzukommen, für die in diesem Jahr kein Geld mehr da war, wird kompliziert.“ Womöglich habe sich manche Schule bereits anderen Projekten zugewandt.
Marc vom Hagen vom Hessischen Golfverband (HGV) sieht das Problem weniger beim Zugang zu den Schulen als in den Golfclubs selbst. „In einigen Clubs werden Kinder von den restlichen Mitgliedern bestenfalls geduldet“, so der Geschäftsstellenleiter. Nur wenige Clubs schafften tatsächlich ein gesundes Miteinander. Das sei jedoch wichtig. „Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft und die Jugendarbeit ist deshalb eine Solidaraufgabe.“
In Hessen minus 4,7 Prozent seit 2010
Die Nachwuchssorgen im Golfsport sind in Hessen indes deutlich geringer als im bundesweiten Vergleich. Seit 2010 sank die Zahl der Nachwuchsgolfer laut HGV um 4,7 Prozent, von 4025 auf 3836. „Unsere größte Konkurrenz ist alles, wofür es einen Stecker oder ein Ladegerät gibt“, ist vom Hagen überzeugt. Ein Brett, das alle Sportverbände gleichermaßen zu bohren hätten. Die Vorurteile gegenüber Golf machten es nicht leichter.
Regelmäßig besuche er Grundschulen, berichtet HGV-Mann vom Hagen. „Einige Kinder rollen mit den Augen, wenn ich mit SNAG-Golfschlägern ankomme.“ Nach anderthalb Stunden beobachte er aber durchaus Begeisterung. „Aber das bedeutet natürlich noch lange nicht, dass die Kinder anschließend in einen Golfclub eintreten“, bedauert vom Hagen, der selbst auf dem Golfplatz in Bad Nauheim großgeworden ist. Das Golf-Erlebnis müsse cooler werden, um Jungen und Mädchen zu begeistern und zu binden.
Wie aussichtsreich die Chancen von Golf dabei stehen, darüber herrscht in der Golfszene selbst jedoch Uneinigkeit. Der DGV spricht von einem „enormen Potenzial“ bei der jungen Generation. „Soweit würde ich nicht gehen“, sagt Marc vom Hagen. Es sei schon ein Erfolg, wenn Kinder, die in der Schule mit Golf in Berührung kämen, anschließend nicht mehr andere Kinder schief anschauten, die Golf spielen. Karin Schiel vom Golfverband Rheinland-Pfalz/Saarland sagt, sie sei pessimistisch, dass Kinder noch auf dieselbe Art und in gleicher Anzahl aktiviert werden könnten wie vor zehn Jahren oder 15 Jahren.
"Elite wird es im Golf immer geben"
„Kragenpflicht und das Verbot von Jeans auf dem Golfplatz stehen uns beim Werben um den Nachwuchs eher im Weg“, findet Jörg Masche. Der DGV-Referee organisiert in diesem Jahr elf Events der Jugend-Golf-Turnierserie Global Junior Golf. Insofern hat er ständig mit jungen Golferinnen und Golfern zu tun. „Um unsere Teilnehmer mache ich mir keine Sorgen, weil zu uns die Elite kommt, und die wird es im Golf immer geben“, so Masche. Das Leistungsniveau im deutschen Nachwuchsgolf dürfte gleichwohl sinken, wenn die Basis der Golferinnen und Golfer immer kleiner werde.
„Wir veranstalten jede Menge Dinge, um Jungs und Mädchen in den Club zu holen“, betont Eric Marschke, Geschäftsführer im Golf-Club Main-Taunus. 150 Kinder und Jugendliche spielten auf der Anlage in Wiesbaden-Delkenheim. Trainingsangebote an allen Tagen der Woche und drei Feriencamps allein in den Sommerferien biete der GC Main-Taunus an. „Für unseren Club ist das eine massive Kraftanstrengung, aber wichtig“, so Marschke. Er selbst habe mit elf Jahren angefangen, Golf zu spielen. Irgendwann sei er an sechs bis sieben Tagen pro Woche auf den Golfplatz gegangen. „Aber damals war die Schule auch noch um 13 Uhr vorbei und wir haben uns noch mit 56KB ins Internet eingewählt.“ Die Ganztagsschule und die digitalen Medien seien die zwei größten Verursacher der Nachwuchssorgen im Golfsport.