Seine Siegerrede hat Oscar Walter bewusst kurz gehalten. Der nächste Termin drängte schon: ein Eishockey-Spiel seiner geliebten EC Bad Nauheim. 110 Kilometer liegen zwischen dem Golfclub Mannheim-Viernheim und der Eishalle. „Wir haben es tatsächlich noch pünktlich zum Spielbeginn geschafft“, sagt Oscar Walter. Und dort, Überraschung, wurde der frisch gebackene Deutsche Meister der AK 14 mit einer Durchsage und einem Applaus der Zuschauer gewürdigt. „Oscar hat sich schon morgens vor der Finalrunde Sorgen gemacht, dass wir es nicht rechtzeitig zum Spiel schaffen“, berichtet sein Vater und zugleich Trainer Thorsten Walter. „Da dachte ich: Vor der Entscheidung um die Deutsche Meisterschaft sollten deine Gedanken eigentlich nicht beim Eishockey sein.“
Am Ende ging an diesem 24. September für Oscar Walter alles gut: Mit einer Runde von zwei Schlägen unter Par sicherte sich der 14-jährige Spieler aus dem Licher Golf-Club den Deutschen Meistertitel der Altersklasse 14. Sein bisher größter Erfolg deutete sich allerdings erst auf der Zielgeraden an. „Nach 14 gespielten Bahnen lag ich noch fünf Schläge hinter dem Führenden David Fuchs aus Hamburg.“ Das habe er auch gewusst, schließlich verfolge er bei Turnieren mit Livescoring auf seinem Smartphone stets den Stand der Dinge. „Das macht mich nicht verrückt“, beteuert er. Was er dann plötzlich sah, beflügelte ihn sogar: ein Triple-Bogey seines ärgsten Konkurrenten.
Plötzlich war Oscar Walter doch nervös
„Da wusste ich, dass ich eine Chance habe“, erinnert sich Oscar Walter. Vor dem 2,5 Meter langen Putt zum Par auf Bahn 17 habe er seine Vorbereitung gleich zweimal abgebrochen. Plötzlich war die Nervosität doch da. Aber während die anderen Fehler machten, beendete Oscar Walter seine Runde mit drei Pars – und dank einem Schlag Vorsprung mit dem Sieg.
„Der Titel hat mir gezeigt, was möglich ist“, sagt er ein halbes Jahr später. Mit so einem Erfolg verschöben sich automatisch die Ziele. Seit Ende Oktober gehört der junge Licher zum erweiterten Nationalkader. „Die Sichtung in St. Leon-Rot war eine ziemliche Qual“, berichtet Oscar Walter. Aufstehen morgens um 5.30 Uhr und dann ein straffes Programm aus Trainingsaufgaben, Fitness-Übungen, Mahlzeiten und dem Halten eines Vortrages. „Ich habe über die Vor- und Nachteile von College-Golf in den USA referiert.“ Die Nationaltrainer versuchten bei der Sichtung bewusst, die Nachwuchsgolfer aus ihrer Komfortzone herauszuholen, um zu sehen, wie sie unter Stress agieren. Oscar Walter bestand den Härtetest. Seitdem zählt er zu den Jüngsten im Golf Team Germany.
Sein Ziel für dieses Jahr sei es, konstant um Par herum zu spielen. Dafür steht er fast jeden Tag auf dem Golfplatz. „Ich verbringe gleichviel Zeit auf dem Golfplatz wie zuhause“, sagt Oscar Walter. Mit dem Fahrrad sind es für ihn von zuhause aus bis in den Licher Golf-Club nur fünf Minuten. Viermal in der Woche ende für ihn die Schule in Gießen um 13 Uhr. Zwei Stunden später sei er dann im Club, meist bis zum Abend. Dort arbeiten auch seine Eltern Verena Scholz und Thorsten Walter als Golflehrer für den Club und als Kadertrainer für den Hessischen Golfverband (HGV). Beide können für sich reklamieren, ihrem Sohn das Talent vererbt zu haben.
Zocken mit den anderen Kaderspielern
Hilfreich ist für Oscar Walter nicht zuletzt, dass am Kaderstützpunkt in Lich regelmäßig andere gute Golferinnen und Golfer zu Gast sind, mit denen er gemeinsam trainieren oder „zocken“ kann, wie er es nennt. Zum Beispiel mit Thibault Hess und Jonas Rother vom Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne oder mit Maximilian Otto aus Idstein. „Wir spielen meist um ProV1-Golfbälle“, verrät Oscar Walter. Da trifft es sich gut, dass er als Top-32-Spieler in der Altersklasse 14 des European Golf Rankings von Hersteller Titleist gerade ein Material-Paket geschenkt bekommen hat.
Wie seine noch junge Golfkarriere in den kommenden Jahren weitergehen soll, mag Oscar Walter noch nicht skizzieren: „In zwei Jahren werde ich die Dinge sicherlich anders bewerten als heute.“