„Wir sind um 5.30 Uhr aufgestanden, um Tag eins des Solheim Cups live im Robert Trent Jones Golf Club zu verfolgen“, berichtet Julia Runzheimer. Die Frankfurterin hat ihrem Vater Joost die Karten für den Kontinentalvergleich zwischen den besten Golferinnen Europas und der USA sowie die entsprechende Reise nach Washington, D.C., zum 80. Geburtstag geschenkt. Als Vater und Tochter am Freitagmorgen auf dem großen Park-and-Ride-Parkplatz des Golfturniers ankamen, sahen sie dort nur eine riesige Schlange von Menschen. „Zwei bis drei Kilometer lang, aber es bewegte sich partout nichts“, so Runzheimer.
Blamage für die Organisatoren des Solheim Cups
Von Shuttlebussen, die das Publikum laut Veranstalter binnen 14 Minuten vom Parkplatz zur Golfanlage fahren sollten, sei nichts zu sehen gewesen. Informationen, wo das Problem liege und wie es weitergehe, seien nicht zu bekommen gewesen. 110 Dollar pro Person kosten die Tickets, dazu 30 Dollar für den Parkplatz. „Wir haben irgendwann entschieden, wieder nach Hause zu fahren und uns den Solheim Cup im Fernsehen anzuschauen“, sagt die ehemalige Hockey-Bundesliga-Spielerin. Die deutsche Olympia-Zweite Esther Henseleit eröffnete den Solheim Cup für das Team Europa denn auch vor nur spärlich besetzten Tribünen. Ein absolutes Fiasko für die Spielerinnen und die Fans des prestigereichen Wettstreits und eine Blamage für die Organisatoren des Events.
Entschädigung leider nutzlos
Nur ein einziges Mal fand der seit 1990 ausgetragene Solheim Cup bisher in Deutschland statt. 2015 bot der Golf Club St. Leon-Rot die Bühne für den Kontinentalvergleich und Anschauungsunterricht für eine reibungslose Organisation. Ganz anders als derzeit vor den Toren von Washinton, D.C., wo sich das Anreisechaos schon am Donnerstag, dem Tag der Einspielrunde, offenbarte. „In den Nachrichten hier in den USA ist von einem Desaster die Rede“, erzählt Julia Runzheimer. Die meisten Fans hätten die ersten zwei, drei Stunden vom Auftakt des Solheim Cups verpasst. „Ich hätte mit meinem Vater unmöglich drei Stunden auf dem Parkplatz warten können“, erklärt die Frankfurterin den unfreiwilligen Rückzug. Überdies seien die mobilen Toiletten auf dem Parkplatz verschlossen gewesen.
Die LPGA hat indes um Entschuldigung gebeten und kurzfristig allen Ticketbesitzern auf digitalem Weg zwei weitere Karten geschenkt, die für Samstag oder Sonntag gelten. Für Julia Runzheimer und ihren Vater ist das kein Trost. Sie wollten explizit Tag eins des Solheim Cups besuchen und hatten am Samstag bereits einen Washington-Besuch geplant. Am Sonntag fliegen sie schon zurück nach Deutschland.
Esther Henseleit mit einer Niederlage und einem Sieg
Sportlich gesehen, dominieren bisher die Amerikanerinnen ihr Heimspiel in Gainsville im US-Bundesstaat Virginia. Nach Tag eins führten die US-Spielerinnen deutlich mit 6 zu 2. Esther Henseleit verlor an der Seite von Charley Hull ihren Vierer gegen Nelly Korda und Allisen Corpuz mit 3&2 und kam am Nachmittag nicht zu Einsatz. Ihr zweiten Match, erneut ein klassischer Vierer, gewannen Henseleit und Hull am Samstagmorgen mit 1 auf gegen Ally Ewing Jennifer Kupcho. Vor der Nachmittagssession von Tag zwei führen die USA mit 8 zu 4.
„Wir sind am Freitag dann auch nicht einmal rechtzeitig vor dem Fernseher gewesen, um den Start des Solheim Cups zu verfolgen“, bedauert Julia Runzheimer. Als Physiotherapeutin hat sie schon mehrfach Spielerinnen des Golf Team Germany betreut. Ein vergleichbares Chaos sei ihr zuvor glücklicherweise erspart geblieben.