Der Bürgermeister lädt allwöchentlich zum Dinner, die anliegenden Landwirte klatschen Beifall bei jeder gelungenen Annäherung und die Mitglieder liegen einem zu Füßen. Schön, so ein Präsidentenleben... Hallo, aufwachen! Ein schöner Tagtraum, aber weit entfernt von der Realität, wenn es um ein Ehrenamt im Golfclub geht. Präsident oder Präsidentin zu sein, ist nichts für Schattenparker. Nörgler sind in der Überzahl, zumindest bei den Wortmeldungen. Zufriedene Mitglieder eines Golfclubs melden sich eher selten. Warum auch? Läuft doch.
Wer viel Applaus und Dankbarkeit erwartet, sollte eher Abstand nehmen von einem Vorstandsamt im Golfclub. Annette Raab hat nicht schnell genug „Nein“ gesagt, als man ihr vor knapp zwei Jahren im Golf & Country Club Erftal die Leitung und später das Amt der Präsidentin antrug. „Ich bin ins kalte Wasser gesprungen, aber von der beruflichen Vita her bin ich es gewohnt und kann mich durchboxen“, beschreibt Raab, Inhaberin eines Baugeschäfts, ihre Adhoc-Berufung. Bis sie und der Vorstand sich im vergangenen August einen Geschäftsführer leisteten, sei das Amt der Präsidentin ein Halbtagsjob gewesen. „Ich führe unser Baugeschäft zusammen mit meinem Bruder und hatte mitunter ein reichlich schlechtes Gewissen wegen des enormen Zeitaufwands“, so die Erftal-Präsidentin, aber „Management liegt mir, das ist mein Naturell und macht einfach Spaß“.
Dabei hatten die bayrischen Golfclubs in den vergangenen zwölf Monaten weniger zu lachen. Als sie im März wieder öffnen durften, hat Annette Raab sehr früh wieder Vierer-Flights zugelassen – zwei Paare aus zwei verschieden Haushalten. Einige Nörgler waren gleich zur Stelle und beschwerten sich über die Verzögerung des Spiels. „Konstruktive Kritik ist immer willkommen, aber hier ging es mir darum, möglichst vielen Mitglieder wieder das Golfspielen zu ermöglichen“, so Raab. Gesellschaftliches Ansehen sei für sie keine Triebfeder. Respekt und Anerkennung würden schon reichen.
Ehrenamt im Golfclub heißt Verantwortung für Mitarbeiter
Immerhin ist Annette Raab nicht Betreiberin eines Golfclubs, sondern Vorstand eines gemeinnützigen Vereins, der bei einem Etat von rund 1,1 Millionen Euro geführt werden muss wie ein mittelständiges Unternehmen – Verantwortung für festangestellte Mitarbeiter im Sekretariat und in der Platzpflege inklusive. Sie und ihre Vorstandskollegen müssen, wenn es ganz dumm läuft, mit ihrem Privatvermögen haften. Droht dem Verein aus irgendeinem Grund eine finanzielle Schieflage, geht's ans eigene Portemonnaie. Dagegen kann man sich versichern und das haben sie in Erftal auch getan.
„Man muss sich gesellschaftlich einbringen. Das habe ich immer gemacht, früher im Tennisverein, jetzt im Golfclub“, sagt Dr. Michael Roßbach, Präsident der Golf-Club Darmstadt Traisa. Ihm sei das Engagement eine Verpflichtung. Wenn auf Mitgliederversammlungen Ehrenämter besetzt werden sollen, dann seien die Wortmeldungen oft überschaubar. „Mein Sohn ist sehr oft in Schottland unterwegs, dort ist es eine große Ehre. Es gibt ein langes Auswahlverfahren und eine Vielzahl an Bewerbern“, schildert Roßbach.
Wird bei einem deutschen Verein eine Schenkung mal als Spende verwechselt oder etwas gegenüber dem Finanzamt falsch deklariert, dann kann es teuer werden. Der engere Vorstand müsste haften – Präsident, Vize und Schatzmeister. „Kein Wunder, dass manche potenzielle Vorstandskandidaten Angst um ihre Altersvorsorge oder um das Familienbudget haben“, findet Annette Raab. Und das könne sehr gut verstehen. Sie und Michael Roßbach aber haben eines gemeinsam: Sie sind Geschäftsleute. Das Risiko war und ist ihr täglicher Begleiter. Michael Roßbach minimiert es ohnehin freiwillig. Wenn im Club dringend neu investiert werden müsse, in Maschine oder Dienstleistung, dann zücke er auch mal einen Scheck. "Im Jahr decke ich im Schnitt etwa fünf Prozent unseres Etats von rund 700.000 Euro aus privaten Mitteln ab."
Zwischen Tür und Angel anquatschen
Alle Ehrenamtlichen ziehen auch ihren Nektar. Annette Raab beim Glas Wein auf der Terrasse ihres Clubs mit dem unfassbar schönen Blick auf die untergehende Sonne, am besten im Kreise ihrer Mitglieder, von denen die meisten auch ihre Freunde seien. „Ein Betreiber schaut im Grunde genommen nur aufs Geld. Ich schaue in erster Linie auf die Gemeinschaft“, sagt Michael Roßbach. „Alle, die hierherkommen, staunen über die super Stimmung bei uns im Club. Das ist mir das Wichtigste!“
Ob eitel oder nicht – ein Präsident oder eine Präsidentin steht im Rampenlicht. Klaus Dreßler, Platzwart im Golf Club Hanau-Wilhelmsbad, ist zufrieden mit der zweiten Reihe. Er ist Chef der Greenkeeper, aber auch Prellbock. „Ja, ganz viele wissen es immer besser!“ Dreßler sagt, er könne damit gut umgehen, sei viele Jahre ehrenamtlich für einen Berufsverband tätig gewesen. Der ehemalige Bauingenieur denkt unternehmerisch, mag Herausforderungen: strategische Ausrichtung, Sicherstellung der Wasserversorgung, Einklang von Golf und Natur. Nörgler gebe es immer.
„Wenn jemand mit einer ordentlichen Frage kommt, kriegt er auch eine ordentliche Antwort“, betont Dreßler. Zwischen Tür und Angel anquatschen, das gefalle ihm nicht. „Hält sich aber eh keiner dran“, sagt Dreßler und schmunzelt. Für gute, neue Wege vom Grün zum nächsten Abschlag oder satte Fairways schon so früh im Jahr gebe es immerhin auch Lob. Präsident, Präsidentin oder Platzwart zu sein, das ist weder Job noch Berufung, sondern ein Hobby, das Herzblut und Leidenschaft erfordert. Und das Ehrenamt im Golfclub ist doch auch was für Schattenparker, denn die Autos der Vorstände stehen meist ganz dicht am Clubhaus. Wenigstens das.