Der 13-jährige Oscar trägt eine kurze Hose. Auch auf ein langes Oberteil hat er verzichtet, dabei ist die Sonne gerade untergegangen und das Thermometer zeigt nur knapp über zehn Grad. Was der junge Golfer vom Golfplatz Altenstadt stattdessen zu Genüge mit sich führt, das sind Leuchtgolfbälle. Oscar hat sich mehr als großzügig ausgestattet. Aus beinahe allen Taschen seines Golfbags glimmt es bunt hervor. „Ein Ball pro Person muss reichen, sonst haben wir nicht genug für alle“, mahnt Jugendwärtin Christa Reichert. 13 Kinder und Jugendliche sowie 60 Erwachsene haben sich zum Nachtgolfturnier auf dem Golfplatz Altenstadt angemeldet. Ein Event, das es so auf der Golfanlage noch nicht gegeben hat.
Clubmanager Markus Rott und Mitinitiator Sven Kühn haben fünf Bahnen des 18-Loch-Platzes mit leuchtkräftigen LED-Scheinwerfern ausgestattet. Grün oder Orange werden die Abschläge und Grüns angestrahlt, auch die Konturen der Fairways sind im Dunkeln der Nacht einigermaßen zu erkennen. „Die Leuchtbälle reagieren auf den Aufprall des Schlägers und leuchten dann für acht Minuten“, erklärt Rott. So lange hätten die Teilnehmer Zeit, ihren Ball zu erreichen. Sonst schluckt die Nacht das Spielgerät.
„Jahr für Jahr haben wir für die Kinder und Jugendlichen hier auf dem Golfplatz Altenstadt ein Nachtgolfturnier veranstaltet, allerdings nur auf zwei Bahnen und ohne zusätzliche Beleuchtung“, berichtet Jugendwärtin Reichert. Die Stimmen hätten sich gehäuft, ein solches Event auch für Erwachsene anzubieten. „Das Turnier war dann innerhalb von anderthalb Tagen ausgebucht“, sagt Clubmanager Rott. Die LED-Scheinwerfer habe er geliehen, Pavillons und Musikanlage aufgebaut, Glühwein und Orangensaft gibt es und Rindswürste, die von Svens Kühns Kumpel Roberto neben dem Abschlag gegrillt werden.
„Ich spiele seit anderthalb Jahren Golf und habe immer von so einer Veranstaltung geträumt“, sagt Kühn, der nicht nur am ganzen Körper von Blinklichtern übersät ist, sondern sogar mit einem leuchtenden 8er-Eisen und einem Putter auf die Runde geht. „Das reicht mir, wir spielen ja nur zum Spaß und nicht um Preise.“
Wie verglühende Sternschnuppen ziehen die orangen, grünen, roten und violetten Bällen durch den Schwarzen Nachthimmel. Besonders gelungene Schläge werden mit anerkennenden Raunen quittiert. Denn in der Warteschlange am ersten Tee und rund um den Glühweintopf und den Grill ist jede Menge los. „Die Letzten starten um 21.30 Uhr“, erklärt Markus Rott, der das nächtliche Farbenspiel mit einer Drohne filmt. Immer wieder kommen Golferinnen und Golfer zu ihm und schwärmen über die professionelle Umsetzung der Idee.
Am Abschlag reiben sich die Erwachsenen von Kälte die Hände
Oscar und seine zwei jungen Mitstreiter haben die Bahnen 1, 2, 7, 8 und 9 schon hinter sich. Etwas weniger als eine Stunde haben sie für die fünf Löcher benötigt und Oscar beteuert, dass ihm immer noch nicht kalt sei. „Ich werde nie krank, ich hatte bis heute nicht einmal Corona“, flötet er, während sich am Abschlag die dick eingepackten Erwachsenen gegen die Kälte die Hände reiben.
Nachtgolf: Schwarz sehen fürs Handicap
Golf bei Dunkelheit klingt nach Spielerei, dabei schärft es die Sinne und schafft erhebende Momente. Ein Versuch im Golf-Club Neuhof.
Zum ArtikelEtwas später, unweit des Glühweinreservoirs, lässt Kai Schmersahl das Erlebnis Nachtgolf Revue passieren. Vor lauter Begeisterung oder Kälte hat er ganz vergessen, dass ihm im Schutze der Nacht doch tatsächlich ein Par gelungen ist. Das versichern jedenfalls seine Mitspieler. Auf der 8, einem Par 3, 155 Meter lang. Fred van der Veldt (Handicap 14,1), der qua Abstammung mit einem orangenen Ball unterwegs war, hat der Dunkelheit sogar drei Pars abgerungen. Aber das große Vergleichen bleibt an diesem späten Abend in Altenstadt aus. Scorekarten gibt es ohnehin nicht. „Gewonnen haben alle, die das Glück hatten, dabei zu sein“, sagt Clubmanager Markus Rott. Um eine weiteres Nachtgolfturnier auf dem Golfplatz Altenstadt komme er wohl nicht herum.