Es gibt manches, was den New Course des Royal Homburger Golf Clubs von herkömmlichen Golfplätzen unterscheidet: der Platzstandard von nur 66 Schlägen, aber auch die Gesamtlänge von gerade einmal 4392 Metern. Die Spieler der Pro Golf Tour, die vom 3. bis 5. Juni zur Royal Homburger Open in der Kurstadt gastieren, könnten sich beim Blick auf die nackten Zahlen unterfordert fühlen. Wären da nicht die zahlreichen Tücken, die sie beim einzigen Profigolfturnier der Rhein-Main-Region auf dem New Course erwarten.
Das Golfspiel auf dem sehr naturbelassenen 18-Loch-Kurs unterhalb der Saalburg gleicht bisweilen einem Slalom zwischen Biotopflächen. Um hier gut und um den Turniersieg zu spielen, braucht es weniger Kraft als Kontrolle. In Spielerkreisen ist schon durchgesickert, dass die sogenannten Fairwayhölzer und der Driver für die besonders langen Schläge in Bad Homburg mutmaßlich wenig bis gar nicht benötigt werden. Für die Biotope gilt nämlich: Betreten verboten, Ball verloren.
Risikomanagement inmitten von Biotopen
Gerade das macht den New Course für einen sportlichen Wettbewerb umso interessanter. Die ein oder andere vergleichsweise kurze, abknickende Bahn wird die Berufsspieler gewiss dazu verlocken, Risiko einzugehen und das Grün direkt vom Tee aus mit dem Abschlag zu attackieren. Anstellen den Ball sicher vorzulegen, lassen sich dadurch Schläge einsparen und weniger mutige Konkurrenten abhängen. Zumindest sofern der kühne Plan aufgeht. Landet der Ball hingegen auf Nimmerwiedersehen in einem der zahlreichen Biotope oder hinter den weißen Pfählen im Aus, ist es vielleicht auch aus mit der Chance auf den Sieg.
„Bei einem Teilnehmerfeld von 138 Spielern rechne ich damit, dass am ersten Turniertag allein 200 Bälle verlorengehen“, sagt der Bad Homburger Head-Professional Anthony Dowens. Ein aberwitziger Wert für ein Profiturnier. „Auf diesem Platz werden schlechte Schläge härter bestraft als anderswo.“
Die vierte Bahn, ein Par 5, ist das vielleicht beste Beispiel für dieses Dilemma. Ihre 441 Meter Länge lassen sich für die Tourspieler theoretisch mit zwei Schlägen leicht überwinden. Gelingt dann auf dem Grün auch noch der erste Putt direkt ins Loch, steht auf der Scorekarte ein Eagle – selbst für Tourspieler keine Alltäglichkeit. Um das Grün überhaupt mit dem zweiten Schlag anspielen zu können, braucht es aber zunächst einen höchst akkuraten 270-Meter-Schlag im Flug über ein Biotop hinweg. Die Landezone für dieses Unterfangen ist nur 20 Meter breit und wirkt vom Abschlag aus betrachtet wie ein kleines Handtuch.
Wie Formel 1 in Monte Carlo
Es ist ein bisschen wie Formel 1 in Monte Carlo: Vollgas auf engstem Raum. Ideallinie und Verderben sind hier direkte Nachbarn. Noch liegt der Platzrekord bei 62 Schlägen, aufgestellt 2022 von Benedict Gebhardt aus dem Golf-Club Neuhof. „Ich gehe davon aus, dass dieser Rekord pulverisiert wird“, sagt Christian Schwarz vom Oberhessischen Golfclub Marburg. Eine 58 oder gar 56 halte er für möglich.
Mit Schwarz, Yannic Oppenheimer (Golf-Club Main-Taunus) und Daniel Tack (Golfpark Winnerod) kommen drei Pros im Starterfeld aus der Region. Außerdem darf auf Einladung auch Bundesligaspieler Tim Opderbeck vom Frankfurter Golf Club mitspielen. Der erst 15-jährige Moritz Küls aus dem Golf-Club Neuhof hat sich seinen Startplatz in einem Shootout unter Hessens Golftalenten erspielt. Als Amateure haben Opderbeck und Küls allerdings keine Chance auf das Preisgeld von insgesamt 30.000 Euro.
„Wir sind froh, mit der Royal Homburger Open nach vielen Jahren mal wieder ein Tourevent in die Region zu bringen“, sagt Martin Meißner, Präsident des Royal Homburger Golf Clubs. Mit dem Turnierhighlight feiert der Club auch seinen 125. Geburtstag. „Der Platz wird sich noch etwas anspruchsvoller spielen als sonst“, kündigt Meißner an. Dafür würden die Bahnen extra noch etwas enger gemäht und das Gras an den Seiten höher stehen gelassen. „Gewinnen wird wahrscheinlich jemand, mit dem niemand rechnet, weil dieser Platz so anders ist“, glaubt Christian Schwarz. Konkurrent Daniel Tack hat seine Marschroute schon festgelegt: „Ich werde das Turnier defensiv angehen, um mich nicht gleich aus dem Rennen zu schießen.“
Die Pro Golf Tour
Die 1997 gegründete Pro Golf Tour (PGT) ist vom sportlichen Wert vergleichbar mit der Europa Conference League im Fußball. Über diese drittklassige sogenannte Satellite-Tour können sich Profigolfer für die zweitklassige Challenge Tour qualifizieren, die wiederum ein Sprungbrett ist für die höchste europäische Spielklasse, die DP World Tour. Die meisten PGT-Spieler stehen am Anfang ihrer Karriere; gerne nutzen aber auch Amateure die PGT-Events, um bereits erste Tourerfahrungen zu sammeln und sich mit anderen guten Spielern zu messen. Die PGT-Saison hat bereits im Januar in Ägypten begonnen, umfasst 17 Turniere – davon vier in Deutschland – und schließt mit dem Saisonfinale Ende September in Adendorf, südöstlich von Hamburg. Das Preisgeld der regulären PGT-Events beträgt jeweils 30.000 Euro, wovon der Sieger 5000 Euro bekommt. Prominentestes ehemaliges Mitglied der Tour ist Martin Kaymer, der in seiner Premierensaison 2006 mit fünf Turniersiegen die Rangliste gewann und später zum Majorsieger und Weltranglistenersten avancierte.