Da ist er, der zweite große Titel für Alena Oppenheimer. Die 31-jährige Wiesbadenerin hat die Deutsche Lochspielmeisterschaft gewonnen. Für Oppenheimer ist es nach dem Gewinn der Europameisterschaft der Mid-Amateure im vergangenen Jahr der zweite große Erfolg binnen weniger Monate. Sie gewann im Berliner Golfclub Stolper Heide das Finale gegen die 17-jährige Junioren-Nationalspielerin Lotte Schuhr aus dem Golf Club St. Leon-Rot mit 3&2 (hier geht es zu den Ergebnissen). „Deutsche Meisterin, das hört sich unglaublich gut an“, freute sich Oppenheimer über ihren ersten nationalen Titel. „Der Sieg bei der EM hat mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben, und da ich erst vergleichsweise spät eine sehr gute Golferin geworden bin, hat es auch eine Weile gedauert, mental in der Spitze anzukommen.“ Nun habe sich das Gefühl eingestellt, dass sie dort hingehöre. Schon am ersten Bundesliga-Spieltag hatte Oppenheimer zuletzt für ihren neuen Club, den Stuttgarter Golf-Club Solitude, eine starke Form gezeigt.
Oppenheimer. Eine Erfolgsgeschichte. Nicht nur in Hollywood. Auch auf dem Golfplatz. Alenas Familie hat mit dem Physiker nichts zu tun. Genauso wenig wie mit der Diamantendynastie in Südafrika. „Als ich da im Urlaub war, wollte jemand allein wegen meines Namens unbedingt meine Hand schütteln“, erzählt die 31-Jährige. Das muss sie nun häufiger tun, aber nicht als Spross berühmter Oppenheimers, sondern seitdem sie Europameisterin ist. Alena Oppenheimer holte 2023 den Titel bei den Spielerinnen ab 30 Jahren aufwärts. Zuvor hatte die Golferin des Golf-Club Main-Taunus mit dem Gewinn der Hessenmeisterschaft ihre gute Form aufgezeigt und wurde zum ersten Mal in die Nationalmannschaft berufen. Bei ihrem Debüt im Nationaldress sicherte sie sich dann ihren bisher größten Erfolg.
Reicht es für eine Profi-Karriere?
Wobei es eine Zitterpartie war im Bogogno Golf Resort in Italien: Nach Runden von 71 und 69 Schlägen konnte Oppenheimer im dritten und letzten Durchgang ihr Niveau halten. Bis zur Bahn 11. „Ein Par 3. Der Abschlag ist im Bunker gelandet. Ich habe dann einen dünnen Schlag übers Grün gemacht, lag total blöd, hab zwei Chips gebraucht, um aufs Grün zu kommen, dann noch zwei Putts und fertig war das Triplebogey“, erzählt sie und kann sich im Nachhinein das Lachen nicht verkneifen. Dabei war das alles andere als lustig, denn der satte Vorsprung war nun weg. Am Ende der Runde war die mentale Stärke der Delkenheimerin gefragt. Schlaggleich mit zwei Konkurrentinnen musste sie ins Playoff. Schon an der ersten Bahn spielte Oppenheimer als einzige ein Par und sicherte sich so den Titel.
Mental lässt sich Alena Oppenheimer von ihrem jüngeren Bruder Yannick schulen, der sich auf der Pro Golf Tour versucht. Den Gedanken, professionell zu spielen, hat die Schwester auch immer wieder mal. „Bisher hatte ich aber immer das Gefühl, es reicht noch nicht“, meint Oppenheimer. Vielleicht liegt es daran, dass sie recht spät zum Golf kam. „Ich war schon 13 Jahre alt, als ich das erste Mal einen Golfschläger in der Hand hatte. Bis dahin war ich leidenschaftliche Tennisspielerin.“ Nun ist der Tennisschlag dem Golfschwung nicht unähnlich, der Umstieg in den neuen Sport fiel ihr nicht schwer und die ersten Erfolgserlebnisse stellten sich schnell ein.
Nach dem Abitur wollte sie ihr Englisch verbessern, ging nach Australien, blieb vier Monate und kam verliebt zurück. Sie hatte sich in einen Australier verguckt, führte erst eine Fernbeziehung und zog 2017 ganz nach „down under“, um dort auch ihr Studium zu beenden. Fünf Jahre blieb sie in Australien. „Ich habe dort auch das Äquivalent zur Deutschen Golf Liga gespielt und habe das australische Leben mitgenommen. Das hat meine Denkweise verändert und mich auch zu einer besseren Golferin gemacht“, schwärmt sie noch heute.
In Australien ist Oppenheimer auch zur Unternehmerin mit eigenem Modelabel geworden: Ocean Meets Green. „Seit ich angefangen habe Golf zu spielen, fand ich es schwierig, schöne Kleidung für mich als junge Frau zu finden. In dieser Beziehung ist der Golfsport echt altmodisch.“ Sie habe regelmäßig Golfkleider und Röcke kürzen lassen oder oft im Tennisrock gespielt, weil diese die Länge hatten, die sie toll fand. So kam ihr die Idee, ein eigenes Modelabel zu gründen.
„Wer hat sowas entworfen?“
Je mehr sich die Neu-Unternehmerin mit der Golfmode auseinandersetzte, desto häufiger habe sie die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen: „Es gibt einige Hersteller, die arbeiten mit Stoffen, die sind nicht dehnbar. Oder es gibt Röcke, die haben Taschen, da passt nicht mal eine Scorekarte rein. Da frage ich mich, wer hat sowas entworfen?“ In Australien etwas Marktreifes schneidern zu lassen, sei unfassbar teuer, so Alena Oppenheimer. In Europa habe sie bessere Möglichkeiten ausloten können, genauer gesagt in Polen. Dort wird ihre Kollektion handgefertigt mit nachhaltigen Stoffen aus recyceltem Nylon.
Da die Beziehung zu ihrem australischen Partner in die Brüche ging, war der Entschluss, den Weg zurück in die Heimat zu gehen, besiegelt. Noch ist Ocean Meets Green klein, es wächst langsam und Gewinne, von denen Alena Oppenheimer leben kann, wirft es auch noch nicht ab. Die Corona-Zeit war obendrein alles andere als wachstumsfördernd.
Das Label bietet Damen fast alles und seit diesem Jahr auch Kapuzenpullis für Herren. „Hoodies sieht man mittlerweile häufig auf dem Golfplatz, und ich habe mir überlegt, was kann ich tun, damit mir die Kapuze beim Schlagen nicht ständig um die Ohren fliegt“, so Oppenheimer. Ihre Idee sind kleine in den Rücken eingenähte Metallteile, die mit einem Magneten an der Kapuze das baumelnde Teil bändigen. Kleine, durchdachte Details machen bei ihr den Unterschied zur gängigen Mode. Und, das sei ihr sehr wichtig: Nachhaltig muss es sein. „Ich glaube, es ist bekannt, dass es gerade in der Modebranche nicht immer gute Arbeitsbedingungen gibt. Das sollte es bei mir nicht geben.“
Solitude hat sich um Alena Oppenheimer bemüht
Sportlich hat sich Alena Oppenheimer indes eine neue Herausforderung gesucht. Sie spielt ab dieser Saison in der Ersten Bundesliga für den GC Stuttgart-Solitude. Warum nicht Frankfurt? „Ganz einfach: Von da kam kein Angebot. Aus Stuttgart schon. Und die Bedingungen sowie die Mannschaft sind spitze.“ Die Pläne für diese Saison? „Erfolgreich in der Bundesliga spielen und meinen EM-Titel verteidigen.“ Und noch einmal an der „U.S. Women‘s Mid Am“ teilnehmen. Dazu war sie 2023 dank ihres EM-Titels nach Pennsylvania eingeladen. Ein großartiges Erlebnis, so Alena Oppenheimer. Und nach dem Oscar-Abräumer des gleichnamigen Films wird sie – diesmal in Boston – bestimmt oft die Frage hören, ob es nicht doch irgendeine verwandtschaftliche Verbindung gibt.
Der Gedanke, es mit einer Profikarriere zu versuchen, ist durch den Sieg bei der Deutschen Lochspiel-Meisterschaft jedenfalls nicht kleiner geworden. „Ich werde jetzt die Saison abwarten und dann sehen, ob ich wie im vergangenen Jahr noch einmal die Qualifying School der Ladies European Tour spielen werde“, sagt Oppenheimer.