Golf in Portugal, das ist für viele gleichbedeutend mit der Algarve, mit Plätzen wie Quinta da Ria, dem Old Course von Vilamoura oder der rostbraunen Steilküste des spektakulären Vale do Lobo Ocean Course. Weit mehr Tradition hat das Spiel jedoch in der Mitte des Landes, in der Region um Lissabon. Vor gut 120 Jahren entstand in Belém, direkt am Ufer des Tejo, ein Sechs-Loch-Platz, just an dem Ort, von wo einst Vasco da Gama, Ferdinand Magellan und Heinrich der Seefahrer ihre Entdeckungsreisen über den Globus starteten. Der kleine Golfplatz im Geburtsort der berühmten Sahnetörtchen Pasteís de Belém existiert zwar schon lange nicht mehr, dafür ist Lissabon heute umringt von einigen Golfanlagen, die zu den besten in Europa zählen. Und es werden mehr. Eine Golfreise nach Lissabon ist allerdings noch immer eher ein Geheimtipp.
„Wir sind stolz auf unsere schöne Algarve, aber Lissabon bietet mit seiner großen Geschichte und seiner Dynamik noch bessere Möglichkeiten, Golf und Kultur miteinander zu verbinden“, sagt Helena Ribeiro von Tourismo de Portugal. Gerade für Familien, in denen nicht alle Golf spielten, sei die Hauptstadt aus Ausgangspunkt eine perfekte Lösung. Vom Castelo de São Jorge, das über Lissabon thront, bis in die Golfresorts Penha Longa oder Oitavos Dunes sind es gerade einmal 35 Kilometer. Gute Argumente für eine Golfreise nach Lissabon.
Troia Golf
Der 1980 eröffnete Linkskurs aus der Feder von Architekt Robert Trent Jones Senior gehört zu den härtesten Tests, die nicht nur eine Golfreise nach Lissabon, sondern ganz Portugal für Golfer bereithält. Die Golfanlage liegt inmitten der Halbinsel Troia, südlich der Hafenstadt Setúbal, und grenzt mit der Hälfte seiner Bahnen an unverbautes Dünenland. Der Wind biegt hier fast jederzeit den Strandhafer und bläst durch die Kronen der unzähligen Schirmpinien, die dem Platz seinen Charakter verleihen. Fairwaybunker und vor allem Grünbunker gibt es in großer Zahl, hinzu kommen viele Waste-Areas, weite Sandflächen, die früher oder später unweigerlich ins Spiel kommen. Die Grüns sind eher klein, meist länglich und leicht schräg zur Spielrichtung angelegt, was viel Präzision auf diesem gleichwohl nicht übertrieben langen Platz (5797 Meter von Gelb) verlangt.
„Es gibt auf unserem Platz einfach kein schlechtes Loch“, beteuert Golfmanager Alexandre Barrosso. Mit Bahn drei sei Robert Trent Jones Senior dermaßen zufrieden gewesen, dass er das Par-4-Dogleg mit Meerblick in sein persönliches Best-of aller je von ihm entworfenen Golflöcher mit aufgenommen habe. Schon jetzt kommen die Norweger und die Nationalmannschaften anderer Länder nach Troia, um dort im Winter bei milden Temperaturen strategisches Spiel zu trainieren. Bald könnten Gäste auf der Halbinsel und südlich davon wie an der Algarve ein goldenes Dreieck von Golfplätzen finden: 15 Kilometer von Troia Golf entfernt geht in diesem Jahr das Comporta Dunes Golfresort mit 36 Löchern in Betrieb, noch etwas weiter südlich wartet auch das Resort Herdade do Pinheirinho auf seine Eröffnung. Online gebucht liegt das Greenfee von Troia Golf je nach Tageszeit zwischen 75 und 100 Euro. Mehr Infos
Penha Longa
Der Atlantic Course des Penha Longa Resorts ist ebenfalls ein Design aus der Familie Trent Jones. Der Junior hat die Höhenunterschiede der Hügel von Sintra geschickt genutzt und am Rande eines 1355 errichteten und noch erstaunlich gut erhaltenen Klosters einen Golfplatz mit dramatischem Layout geschaffen. Die Bahnen winden sich im Gelände auf und ab, meist flankiert vom Waldrand, aber auch einigen imposanten Solitärbäumen. Spektakulär sind neben den ausgezeichneten Grüns die Ausblicke auf das schlossähnliche Fünf-Sterne-Hotel, den Atlantik und die Rennstrecke von Estoril, aber auch die Überreste eines Aquädukts, die neben dem sechsten Grün stehen.
Gerade der Abschluss der Runde mit den Bahnen 16, 17 und 18 bleibt in Erinnerung. Das erste der drei Löcher ziert im Pro-Shop als Foto eine ganze Wand, so beeindruckend ist der Blick vom Abschlag hinunter in die Landezone dieses 404 Meter langen Par 4. Der anschließende Schlag steil hinauf auf das nur zu erahnende Grün hat Caddymaster Miguel schon oft verrückt gemacht. „Über keine Bahn dieses Platzes habe ich so viel nachgedacht wie über diese 16“, sagt er. „Das muss meine Lieblingsbahn sein.“ Die 17 ist ein 155 Meter langes, steil abfallendes Par 3. Mit einem breiten Par 5, das in Wellen hinunter und zurück zum Hotel und Clubhaus führt endet die Achterbahnfahrt, für die das Penha Longa Resort sinnvollerweise auch Carts anbietet. Das Greenfee für den Atlantic Course beginnt ab 105 Euro. Mehr Infos
West Cliffs
Wer als weltweit bester neuer Golfplatz 2017 ausgezeichnet wird, muss etwas ganz Besonderes bieten. West Cliffs liegt 90 Kilometer nördlich vom Lissabon Airport unweit der Halbinsel Peniche und bietet jederzeit einen freien Blick auf den Atlantik. Auf der anderen Straßenseite, zum Landesinneren hin, liegt Royal Obidos, eine Kreation von Severiano Ballesteros. Aber niemand wird bestreiten, dass die Arbeit von Cynthia Dye, Nichte der amerikanischen Architekten-Legende Pete Dye, den spanischen Improvisationskünstler deutlich in den Schatten stellt.
„Die Backtees sind ausdrücklich nur für Playing-Pros“, erklärt der Caddymaster vor der Runde. Denn die Distanzen, die zwischen Tee und Beginn des Fairways liegen, sind beträchtlich. Umgeben sind die Bahnen von gelbem Stechginster und anderen Dünenpflanzen, die so manchen Golfball verschlucken. Ein steter Begleiter ist das Krachen der Brandung an die nahe Praia da Estrela. Als schönere Hälfte des Platzes gelten die zweiten Neun, weil hier die Dünenlandschaft urtümlicher ist, abgeschieden von den pompösen Villen, die auf den ersten Bahnen noch ins Auge stechen. Auf Bahn 17 erreicht man den höchsten Punkt des Platzes, der einen unvergesslichen Ausblick über den laut vieler Rankings zweitbesten Platz Portugals bietet. Der Pflegezustand ist makellos, insbesondere aber die pfeilschnellen, stark ondulierten Grüns heben West Cliffs über die Konkurrenz. Das Greenfee beträgt in der Hauptsaison 140 Euro. Mehr Infos
Oitavos Dunes
Neben dem Parkplatz des Golfclubs baut Superstar Cristiano Ronaldo gerade eine gewaltige Villa. Das verrät weniger über die Golfaffinität des Fußballers als über die herausragende Lage von Oitavos Dunes. In Cascais, 30 Kilometer westlich von Lissabon, hat eine der reichsten Familien des Landes einen Dünenplatz gebaut, der sich deutlich leichter spielt als West Cliffs oder Troia. Die Fairways zwischen Schirmpinien, Korkeichen und Olivenbäumen sind so breit, dass nebeneinanderliegende Bahnen teils miteinander verschmelzen. Bälle verliert man auf diesem fairen und leicht zu gehenden Platz kaum. Aber der permanente Wind macht das Scoren durchaus schwierig.
Heraus stechen vor allem Par-3-Bahnen, wie das kurze 9. Loch, dessen Grün von einem erhöhten Abschlag aus angespielt wird. Über die Baumkronen hinweg sieht man in der Ferne die Steilküste in den Atlantik fallen. Dass sich die Bahnen 10 und 11 etwas unkonventionell spielen, kann auch als Beleg dafür gelten, wie sehr Architekt Arthur Hills die Natur respektiert hat, die er für seinen vielfach ausgezeichneten Golfplatz vorgefunden hat. Das Greenfee beträgt in der Hauptsaison 133 Euro. Mehr Infos
Tipps für eine Golfreise nach Lissabon
Flug: Die portugiesische Airline TAP fliegt mehrfach täglich von Frankfurt am Main nach Lissabon und zurück.
Reiseizeit: Das Frühjahr und der Herbst sind die besten Zeiten, um Lissabon zu erkunden. Im Mai blühen auf der Praca Dom Pedro IV mit ihrem wellenförmigen Mosaiksteinpflaster die Palisanderholzbäume lila und machen diesen Platz zu einem der schönsten in Europa. Die Golfplätze sind selbst im Winter in hervorragendem Zustand.
Übernachten:
Praia D’El Rey Marriott Golf & Beach Resort: Das Fünf-Sterne Hotel liegt direkt am Meer und am gleichnamigen Golfplatz und ist ein guter Ausgangspunkt das 15 Minuten entfernte West Cliffs und Royal Obidos. Die erstklassigen Meerblickzimmer kosten circa 140 Euro pro Nacht.
Sheraton Cascais Resort: Das gepflegte Fünf-Sterne-Hotel verfügt über eine großzügige Garten- und Poolanlage und über das beste Sushi-Restaurant der Stadt. Oitavos Dunes und Penha Longa sind von hieraus schnell zu erreichen. Der Preis pro Übernachtung beginnt bei 190 Euro.