Die Golfindustrie hat es schwer. Jedes Jahr aufs Neue versucht sie, den Schlägerbau zu revolutionieren, mit immer neuen Kompositionen von Material längere Schläge zu ermöglichen oder Fehlschläge zu kaschieren, mal mit Hilfe künstlicher Intelligenz, mal mit verwrungenen Schlagflächen. Golfer mit Affinität zu ihrem Material beobachten die vermeintlichen Quantensprünge mitunter skeptisch. Inwieweit ist es tatsächlich der neuen Technologie zu verdanken, dass der Ball plötzlich spürbar weiter fliegt? Oder liegt es nicht einfach daran, dass ein 7er-Eisen heute den Loft hat, den früher noch das 6er-Eisen hatte? Mit den fehlerverzeihenden Schlägern ist eine Schlägerloft-Debatte aufgekommen.
"Die Diskussion um Schlägerlofts, in der den Herstellern Etikettenschwindel unterstellt wird, ist völliger Blödsinn", sagt Jan Götze, Inhaber von Golf Götze mit Megastore in Weiterstadt. Die Gradzahl sei nicht isoliert zu betrachten, sondern unbedingt im Zusammenspiel mit der Konstruktion des Schlägerkopfes. Im Vergleich zu klassischen Blades hätten fehlerverzeihende Modelle eine breitere Sohle und damit einen niedrigeren Schwerpunkt, um den Ball leichter in die Luft zu bekommen. "Ziel ist dabei immer ein möglichst idealer Ballflug, damit der Ball steil auf dem Grün landet und liegenbleibt", erklärt Götze.
Schlägerloft zwischen 28,5 und 34 Grad – beim 7er-Eisen
Wenn der Ball jedoch deutlich höher vom Schlägerblatt starte, müsse der Schlägerloft logischerweise steiler sein, um noch ausreichend Länge zu generieren. "Überspitzt gesagt, würde der Ball sonst hauptsächlich nach oben und kaum noch nach vorne fliegen", so Götze. Weniger Loft bedeute allerdings zwangsläufig weniger Spin – der Preis für die Weite. "Bei einem klassischen Mizuno-Blade wie dem MP 221 hat ein 7er-Eisen einen Loft von 34 Grad", berichtet der Fachhändler. "Dagegen hat das Pendant in einem fehlerverzeihenden Satz aus der Serie Hot Metal nur 28,5 Grad, auch wenn auf beiden Schlägerköpfen eine Sieben steht."
Die Firma Honma sei einst die erste gewesen, die den Schlägerloft deutlich verändert habe, um dem steileren Abflugwinkel der leichter spielbaren Eisen Rechnung zu tragen. Längst habe sich diese Praxis auch bei Wettbewerbern wie PING, Callaway oder Taylor Made durchgesetzt. "Es handelt sich dabei um sinnvoll konstruierte Schläger, die für Amateurgolfer eine gewünschte Performance liefern, aber nichts für Tourpros wären", stellt Götze klar. Der Amateur erhalte einen deutlich besseren Ballflug, ohne sich im Schwung verändern zu müssen. Der Tourspieler wiederum könne diese Flugkurve durch seine Technik und eine hohe Schlägerkopfgeschwindigkeit selbst erzeugen. Das Mehr an Spin seiner Blades ermögliche ihm derweil eine bessere Ballkontrolle bei Schlag ins Grün.
Die Schlägerköpfe von Pros und Durchschnittspielern in puncto Loft miteinander zu vergleichen, ist in den Augen von Götze letztlich ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen.
Schäfte von Eisen und Wedges sollten gleich sein
Die grundsätzliche Annahme, dass weniger Loft mehr Länge bedeute, stimme ohnehin nicht pauschal. "Gerade bei längeren Eisen braucht es eine gewisse Schlägerkopfgeschwindigkeit, um den Ball in die Luft zu bekommen und die gewünschte Schlagweite zu erzielen", betont Götze. Sei diese zu niedrig, empfehle er beim Fitting, statt längerer Eisen leichter zu spielende Hölzer zu wählen. Am anderen Ende des Eisensatzes rät der Schlägerexperte den meisten Kunden dazu, alle verfügbaren Wedges einer Serie zu nehmen, in der Regel Pitching-Wedge, Gap-Wedge und Sand-Wedge.
Grundsätzlich sollte der Schaft der Wedges dem der Eisen entsprechen. "Standardschäfte aus separaten Wedgeserien sind meist aus Stahl und deutlich schwerer ist als die Karbonschäfte, die die meisten Amateure spielen", gibt Götze zu bedenken. "Für gefühlvolle Schläge rund ums Grün sind unterschiedliche Schäfte eher kontraproduktiv."