„Andreas kann schon ganz schön nerven“, sagt Mark Niendorf. Der Geschäftsführer des Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne meint das nicht böse. Denn gleich hinterher schiebt Niendorf, wie sehr er die Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit von Jugendwart Andreas Rathmann bewundert. Mit seinem Führungsstil, seiner fordernden Art halte der ehemalige Banker seine Vorstandskollegen und das Management allerdings auf Trab.
270 Kinder und Jugendliche in Hof Hausen
Mit Erfolg. In den neun Jahren, in denen Rathmann das Amt innehat, hat der Club die Jugendarbeit deutlich ausgeweitet. 270 Kinder und Jugendliche trainieren inzwischen auf der Hofheimer Golfanlage. Darunter mit Jonas Rother ein Nationalspieler und andere, die sich Hoffnung auf eine Karriere als Tourspieler machen.
„Wir verfolgen mit unserer Jugendarbeit zwei Ziele“, sagt Andreas Rathmann, ein kleiner Mann mit raspelkurzen Haaren und getönter Brille. „Wir wollen die Golfer von morgen gewinnen, ein strategisches Investment für jeden Golfclub, und zugleich den Leistungssport fördern.“ Durch Kooperationen mit Kommunen und Schulen sowie durch offene Feriencamps kämen immer wieder neue Kinder auf den Golfplatz. „Mir ist es wichtig, dass nicht die Eltern die treibende Kraft sind, sondern dass die Motivation aus den Kindern selbst kommt“, betont Rathmann. Der 65-Jährige hat dafür längst ein feines Gespür.
Als Manager einer großen Bank hat der gebürtige Münsteraner in aller Welt gearbeitet, in den USA, Singapur, Indonesien und Indien. Rathmann trug zeitweise die Verantwortung für bis zu 1100 Mitarbeiter, lief in seiner Freizeit Marathon, den besten in 2:54 Stunden. Zum Golf kam er 1994 durch eine Versetzung nach Bombay. Im dortigen Presidency Golf Club ist er bis heute Mitglied. Als er im Jahr 2000 zurück in die Firmenzentrale nach Frankfurt beordert wurde, empfahl ihm sein Chef den Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne. Rathmann folgte dem Rat. „Die längste Zeit lief ich im Club unterm Radar, weil ich nur am Wochenende gespielt habe und oft schon um 6 Uhr auf den Platz gegangen bin“, erzählt er.
Ein jedes Kind kennt Andreas Rathmann
Heute kennt den Jugendwart ein jedes Kind. „Hallo Andreas“, grüßen ihn die jungen Golferinnen und Golfer, wenn sie ihm auf der Hofinsel begegnen. Eine Selbstverständlich, möchte man meinen. Andreas Rathmann bedeutet das viel. „Ich finde das schon stark, wenn man trotz 50 oder 55 Jahren Altersunterschied noch miteinander ins Gespräch kommt“, sagt er. Auch das sei für ihn ein Antrieb gewesen, das Ehrenamt anzunehmen.
„Ich wollte nach meiner beruflichen Laufbahn einfach etwas ganz anderes machen“, erklärt Rathmann. Ein Mitglied des Clubs habe ihn 2015 angesprochen, ob er Lust hätte, Jugendwart zu werden. Die Vorstellung, wieder mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten, habe ihn gereizt. In jungen Jahren in Westfalen sei er schon mal Jugendtrainer im Fußballverein gewesen. Rathmann suchte das Gespräch mit der scheidenden Amtsinhaberin. „Astrid hat nichts geschönt, sondern mir ein realistisches Bild von der Aufgabe vermittelt“, sagt er und fügt schmunzelnd an: „Das war kein Hochdruckverkauf.“ Der Ex-Banker übernahm 2016.
Hof Hausens Jonas Rother ist Deutscher Meister
Jonas Rother aus dem Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne hat die Deutsche Meisterschaft der Golfer mit Behinderung gewonnen. Ein Gewitter verhinderte einen noch größeren Titel.
Zum ArtikelAnfangs hatte das Jugendteam fünf Mitstreiter, heute sind es 15, allesamt Ehrenamtler. Vier- bis fünfmal im Jahr trifft sich die Gruppe, um sich auszutauschen, um zu justieren und das Jugendkonzept weiterzuentwickeln. „Wenn alles immer gleich bliebe, hätte die Aufgabe keinen Reiz“, sagt Rathmann. Er selbst habe eine Menge dazugelernt, etwa indem er den C-Trainer-Schein gemacht hat. „Nicht um Unterricht zu geben, sondern um es zu verstehen“, stellt er klar. Zu Rathmanns Team zählen natürlich auch Eltern, deren Kinder Golf spielen. Rathmann macht keinen Hehl daraus, dass Ehrenamtliche ohne Verwandtschaftsbezug in die Jugendabteilung den Vorzug hätten, Dinge im Zweifelsfall unvoreingenommener zu sehen.
Einstieg über Schulgolf, Ferienspiele und Camps
Die Qualität der Jugendarbeit im Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne lässt sich schon an der schieren Zahl der jungen Mitglieder ablesen. Egal ob Schulgolf, Ferienspiele oder Golfcamp: Jedes Kind bekommt am Ende einen Brief mit nach Hause, eine Einladung zu sechs weiteren Schnupper-Trainings. Mehr als die Hälfte der Schnupperer bleibt laut Andreas Rathmann auch danach am Ball.
Dabei helfen die umfangreichen Trainingsmöglichkeiten. „Wir bieten an jedem Tag der Woche Training an“, sagt Rathmann. Golf sei für einige nur Sportart Nummer zwei. Da verhindere ein flächendeckendes Angebot Terminkollisionen, bei denen Golf den Kürzeren ziehen würde. Das alles hat seinen Preis: 120.000 bis 150.000 Euro beträgt das jährliche Jugendbudget der Hofheim. Getragen werde dies laut Rathmann durch einen Förderverein, Eltern und Sponsoren. „Wenn ein Kind Golf spielen möchte, die Familie aber nicht die finanziellen Mittel hat, dann finden wir Lösungen“, sagt der Jugendwart.
Für die Förderung des Besten hat der Golf-Club Hof Hausen einen Fokuskader (ab Handicap 12,5) und einen Elitekader (ab Handicap 4,4) gegründet. Elite, das sind derzeit Elias Rehling, Charles und Edward Horn, Thibault Hess und Jonas Rother. Hess und Rother wurden 2023 gemeinsam Hessische Vierermeister, Rother in diesem Jahr Deutscher Meister der Golfer mit Behinderung. Trainiert wird das Elite-Team von Jimmy Forrester. „Mir ist wichtig, dass wir unsere Golferinnen und Golfer selbst ausbilden und nicht bei anderen Clubs abwerben“, sagt Andreas Rathmann.
Gegen Avancen aus anderen Clubs helfe wiederum eine gute sportliche Perspektive. So werde es im kommenden Jahr wohl einen zweiten Elitekader geben. Mit dem Herren- als auch dem Damen-Team ist der Club außerdem jüngst aufgestiegen in die Regionalliga. „Mittelfristig sehen wir uns als Zweitligist“, so der Jugendwart. Bis es soweit ist, wird Andreas Rathmann seine Vorstandskollegen und Geschäftsführer Mark Niendorf weiter nerven. Wenn nicht sogar länger.