Bernd Raschke kann sich noch gut erinnern an die schlichten Verhältnisse, die im Golf Club Bad Nauheim herrschten, als er mit 25 Jahren als junger Golflehrer aus Hamburg nach Mittelhessen wechselte. „Es gab hier damals nicht einmal eine Driving Range“, erzählt Raschke. „Auf der vierten Bahn hatten wir eine Holzhütte, in der ich Unterricht gegeben habe.“ Wenn Golfer auf ihrer Runde vorbeigekommen seien, habe der Unterricht pausieren müssen – und bei den Golfern die Suche nach ihrem Ball begonnen zwischen all den Übungsbällen auf dem Fairway. Für den jungen Hamburger, der seine Ausbildung im angesehenen Hamburger Golf-Club Falkenstein genossen hatte, war Bad Nauheim ein starker Kontrast: „Ich dachte, ich bleibe eine Saison.“ Es wurden 50 – deutschlandweit wohl einzigartig.
Wobei Bernd Raschke in all den Jahrzehnten nachweislich nie eine ruhige Kugel geschoben hat. Anfangs gab es im Club gerade einmal vier Jugendliche. Recht bald jedoch war das Übungsgrün nachmittags von Schulranzen gesäumt, und Golflehrer Raschke formte Spielerinnen und Spieler, mit denen er unzählige Erfolge feierte. Jahrelang spielte der GC Bad Nauheim in der ersten Bundesliga, war einmal sogar drauf und dran, das große Falkenstein im Stechen zu schlagen. „Christian Althaus, der mittlerweile Golfplatz-Architekt ist, hätte dafür einen Drei-Meter-Putt lochen müssen.“ Der Ball habe das Loch leider verfehlt. Zweimal gewann Raschke als Trainer mit dem Team des Hessischen Golfverbands (HGV) den Länderpokal.
Raschkes Schülerin Martina Fischer gewann auf der LPGA-Tour
Neuhofs langjähriger Clubmanager Gerd Petermann-Casanova, der ehemalige Nationaltrainer Uli Zilg, Groß-Zimmerns Clubmanager Mischa Kind, HGV-Landestrainer Thorsten Walter sowie HGV-Geschäftsführer Marc vom Hagen stammen alle – wenn man so will – aus der Bad Nauheimer Schule von Bernd Raschke. Das größte Talent, das er trainiert habe, sei indes Martina Fischer gewesen: „Tina war 2001 die erste Deutsche, die ein Turnier auf der LPGA-Tour in den USA gewinnen konnte.“ Als Amateurin wurde Fischer vielfach Deutsche Meisterin und 1994 sogar Europameisterin, wechselte im Folgejahr ins Profilager und gewann zweimal auf der Ladies European Tour. „Sie hatte alle Stärken, die es braucht: Ehrgeiz, Fleiß, Selbstvertrauen und die Konzentration auf das Wesentliche“, schwärmt Raschke.
Dass der GC Bad Nauheim heute mit seinen Teams nicht mehr in der sportlichen Beletage des deutschen Golfs zuhause ist, liegt laut Raschke an den größeren finanziellen Möglichkeiten anderer Clubs. „Die Summen, die mancherorts in die Jugendarbeit fließen, sind unglaublich und machen es uns fast unmöglich, gute Spielerinnen und Spieler langfristig in unserem Club zu halten“, sagt er. Über jeden Abgang eines Schützlings, ob Fischer oder Zilg, habe er stets weinen können, immer aber auch die Chancen für deren persönliche Entwicklung gesehen und den Schritt respektiert.
Bernd Raschke schlug Angebote anderer Clubs aus
Wer immer blieb, war Bernd Raschke. Er habe über die Jahre auch Angebote von anderen Clubs erhalten, aber irgendwann so sehr an den Jugendlichen gehangen, dass er gar nicht mehr weg wollte – auch aus Rücksicht auf seine Familie. „Meiner Frau und meiner Tochter habe ich letztlich alles zu verdanken, was ich als Trainer erreicht habe, weil sie fast jedes Wochenende auf mich verzichten mussten“, betont Raschke.
Bei einem Jubiläumsakt im Golf Club Bad Nauheim wurde der 75-Jährige als „Lichtgestalt“ und „Goldener Pro“ des Clubs gewürdigt. Ans Aufhören, sagt Raschke, denke er nicht. Schließlich hat er mit dem 17-jährigen Nelson McGinn einmal mehr ein vielversprechendes Talent unter seinen Fittichen. „Ein intelligenter, bescheidener Junge, der nicht nur Golf spielen kann, sondern auch musisch sehr begabt ist“, lobt Raschke.
Sein eigenes Erfolgsrezept fasst der gebürtige Hamburger recht simpel zusammen: Er versuche nicht jeder und jedem den Schwung von Tiger Woods beizubringen. Pragmatismus, Menschenkenntnis und Empathie sind aus Raschkes Sicht die Erfolgsrezepte seiner Arbeit als Golflehrer. Bleibt die Frage: Wie hat er es fünf Jahrzehnte an derselben Stelle aushalten können, mit immer wieder wechselnden Vorständen, deren Vorstellungen und Launen? „Man muss über jeden dankbar sein, der ein Ehrenamt annimmt“, findet Raschke. „Ich habe mich da bis heute irgendwie durchgeschlängelt.“