Der Weg schien vorgezeichnet. Der Sohn von Ted Long, einem der besten Golflehrer Deutschlands, musste es einfach auf die European Tour schaffen, die seit Ende vergangenen Jahres DP World Tour heißt. Über die Challenge Tour gelang Hurly Long (27) im Vorjahr der Sprung in die erste europäische Liga. Mehr noch: Zwei Mal, Zweiter bei der Kenia Open im März und Dritter beim Ras al Khaimah Classic im Februar, schnupperte er schon an seinem ersten Sieg. Seine Ziele für den Rest der Saison liegen deshalb auf der Hand: „Ich will ein Turnier gewinnen und mich für die DP World Tour Championship qualifizieren.“
Der gebürtige Heidelberger schien im Frühjahr auf dem besten Weg, sich unter den Top 60 zu platzieren, die an diesem Saisonfinale im November teilnehmen dürfen. Doch ein Profi, der sagt: „Tiger Woods und mein Vater sind die beiden Gründe, warum ich Golf so sehr liebe“, trachtet noch nach Höherem: „Ich will auf der PGA Tour spielen, eines der Majors gewinnen und zur Nummer eins der Weltrangliste aufsteigen.“
"Hurly war mit vier schon golfbesessen"
Seit frühester Jugend haben sein Vater und die Begeisterung des Filius für diesen Sport den Grundstein gelegt, dass solche Vorhaben Wirklichkeit werden können: „Seit ich Laufen kann, spiele ich Golf. Ich habe praktisch mein ganzes Leben auf dem Golfplatz verbracht. Ich kann mich an keinen Moment in meinen Leben erinnern, an dem ich nicht den Traum hatte, wie der Tiger Golfprofi zu werden“, erzählt Hurly Long. Sein amerikanischer Vater Ted Long erkannte das Talent seines Sohnes früh: „Als er zwei Jahre alt war, habe ich ihm die ersten von mir verkürzten Schläger in die Hand gedrückt. Er hat mir gleich gezeigt, dass er über Ballgefühl verfügt. Das war schon beeindruckend. Mit vier habe ich gemerkt, dass er für Golf viel drauf hat. Er war einfach golfbesessen.“
Auch die ersten Turniererfolge stellten sich schnell ein. Mit sieben landete Hurly Long unter den Top Ten der U.S. Kids Golf World Championship – und das mit einer Runde von 73 Schlägen. Als er 13 oder 14 Jahre alt war, besiegte er erstmals seinen Vater. Kein einfacher Coup, denn Daddy „Longball“, so der von den Kollegen der PGA of Germany vergebene Spitzname, hatte es immerhin für kurze Zeit auf die European Tour geschafft. Nach der Heirat mit einer Schwäbin und der Geburt des gemeinsamen Sohnes Hurly konzentrierte sich der Diplom-Informatiker ganz auf seinen neuen Job als Golflehrer, erst auf dem damaligen US-Army-Platz in Oftersheim, dann in St. Leon-Rot und seit ein paar Jahren im GC Mannheim-Viernheim.
Ted Long, mittlerweile 62 Jahre, kam schon im Alter von drei Jahren als Stiefsohn eines amerikanischen Soldaten nach Deutschland, besuchte im Alter von drei bis sechs Jahren einen deutschen Kindergarten und lebt sein 1983 im Großraum Heidelberg: „In Amerika sind die Golfplätze besser, aber das Leben in Deutschland ist schöner“.
2016 gewann Hurly Long die IAM
Sein Sohn Hurly, der sowohl die deutsche wie auch die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, wohnt nur eineinhalb Autominuten vom Platz des GC Mannheim-Viernheim entfernt, ein Verein, dessen Präsident ihn bis heute unterstützt und fördert. Denn das Talent des jungen Hurly war schon früh zu erkennen. Er gewann 2016 die Internationale Deutsche Amateurmeisterschaft, vertrat Deutschland drei Mal (2014, 2016 und 2018) beim Eisenhower Cup, der Amateur-Weltmeisterschaft, und glänzte auch in seiner College Zeit. Bei den Olympischen Spielen in Tokio im vergangenen Jahr blieb er in allen vier Turnierrunden unter Par und wurde letztlich geteilter 35.
Als Student glückte Hurly Long der Platzrekord in Pebble Beach
Im Jahr 2017 glückte ihm sogar etwas, was nicht einmal seinem Idol Woods auf einem der berühmtesten Golfplätze der Welt gelungen war. Beim Carmel Cup in Pebble Beach stellte er mit 61 Schlägen einen neuen Platzrekord auf. Der Student der Texas Tech University in Lubbock gewann dieses College- Turnier. „Diese 61 hat mir viel Selbstvertrauen gegeben, denn auf diesem Platz haben schon alle Stars gespielt“, sagt Hurly Long.
Nach Abschluss seines Studiums Sportsmanagement wechselte Long, der als bestes Handicap -5,7 (damals +5,7) aufwies, Anfang 2019 ins Profilager. Er gewann prompt auf der ProGolfTour, sicherte sich dank weiterer Topplatzierungen den Sieg der Gesamtwertung dieser dritten Liga und stieg in die Challenge Tour auf. Auch dort feierte er in Italien einen Sieg, doch dann legte die Pandemie Profigolf für Monate lahm. Dank seinem Rang 17 im „Race to Mallorca“, der Geldrangliste der Challenge Tour 2021, qualifizierte er sich erstmals für die European Tour.
Long schlägt den Ball weit und gerade (laut Tourstatistik 293 Meter) mal mit seinem natürlichen Draw, mal mit einem Fade. „Meine Drives, mein kurzes Spiel und mein Putten sind in diesem Jahr sehr gut. Das Eisenspiel muss ich noch verbessern. Aber meine mentale Herangehensweise ist meine Stärke. Ich bin gut darin, Fehler zu analysieren. Ich habe kein Problem, mir Fehler einzugestehen. Das bietet mir die Chance besser zu werden.“