Eine Erfolgssträhne wie diese hat es im Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne noch nicht gegeben: Clubmitglied Achim Söhn spielt dort seit diesem Sommer eine Fabelrunde nach der anderen, gewinnt Turnier um Turnier. Angefangen hat der unheimliche Lauf des Kelkheimers Mitte Juli, als er das wöchentliche Seniorengolf mit 67 Schlägen gewann. Fünf Schläge unter dem Platzstandard von 72 – das war für Söhn die bis dahin beste Runde seines Lebens. Solche Ergebnisse erzielen Tourspieler, wenn sie einen guten Tag erwischen. Ein Sahnetag, an dem einfach alles gelang, so hätte man auch Söhns Rekordrunde noch erklären können. Hätte er seitdem nicht acht weitere Fabelrunden folgen lassen: -6, -7, -4, -3, -1, -7, -4 und zuletzt beim Herrengolf an diesem Mittwoch eine -5.
Clubmanager: "Eine solche Serie noch nie erlebt"
Bemerkenswert ist, dass es sich bei Achim Söhn nicht um ein vielversprechendes Jungtalent aus dem hessischen Landeskader oder um einen gefechtserprobten College-Golfstipendiaten auf Heimaturlaub handelt. Söhn ist ein Unternehmer, der in diesem Sommer seinen 60. Geburtstag gefeiert hat. „Achim ist schon immer ein sehr guter Golfer, aber eine Serie auf diesem Niveau und in diesem Alter habe ich noch nie erlebt“, sagt Hof Hausens Clubmanager und AG-Vorstand Mark Niendorf, selbst ein hervorragender Golfer. Anfang des Jahres lag Söhns Handicap noch um den Nullpunkt herum. Nun ist mit -3,6 der nominell beste Golfer des Clubs, gewissermaßen der Bernhard Langer vom Taunus. Kein anderer Golfer hierzulande, der 50 Jahre oder älter ist, dürfte ein besseres Handicap haben als Söhn.
Eine schlüssige Erklärung für Söhns Leistungsexplosion habe er noch nicht gefunden, sagt Niendorf. Achim Söhn selbst hat zumindest einen Verdacht, warum es bei ihm seit diesem Sommer so exzellent läuft. Seit ein paar Monaten helfe ihm ein Physiotherapeut dabei, beweglicher zu werden und mehr Rumpfstabilität zu entwickeln. „Ich habe schon immer sehr viel trainiert, auf dem Golfplatz und im Fitnessstudio, aber jetzt stehe ich mit einem ganz neuen, stabileren Gefühl am Ball“, sagt Söhn. Kräftige Oberarme würden vermuten lassen, seine größte Stärke seien weite Schläge. Das Gegenteil ist der Fall: „Der beste Teil meines Spiels sind das kurze Spiel rund ums Grün und das Putten“, erzählt Söhn.
Achim Söhn hält eine Bruttorede nach der anderen
Seine Mitspieler beim Herrengolf und Seniorengolf reiben sich seit Wochen ungläubig die Augen, wenn sie Söhns zuverlässige Präzision erleben und am Ende auf der Scorekarte eine Glanzleistung nach der anderen notieren. „Es freuen sich alle für Achim, weil er sich bei allem Ehrgeiz selbst nicht zu ernst nimmt“, sagt Clubkamerad Peter Schreiber. Da auch im Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne der Turniergewinner traditionell ein paar Worte sagt, macht Seriensieger Söhn gerade gewissermaßen auch eine Ausbildung zum freien Redner. Süffisant und unterhaltsam seien die Ansprachen, loben die Mitspieler. Man munkelt zugleich, mehr Zeit als der 60-Jährige verbrächten nur die Grashalme auf dem Golfplatz.
Achim Söhn kann diese Einschätzung nicht widerlegen – und will das auch gar nicht. „Ich bin ein absoluter Golfjunkie, seitdem ich vor 16 Jahren mit diesem Sport angefangen habe“, schwärmt der gebürtige Rheingauer. Vor zehn Jahren habe er seine Firma verkauft und sich eine Weile ganz dem Golfspiel gewidmet. 70 bis 80 Turniere pro Jahr habe er zu Hochzeiten gespielt, in diesem Jahr dürften es 50 bis 60 werden. Inzwischen kümmert sich Söhn mit Unterstützung des Porsche Zentrums Hofheim auch darum, junge Talente im Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne zu fördern. Ziel ist es, eine Mannschaft aufzubauen, die mittelfristig in der zweiten Liga Fuß fasst.
"Achim hat das Zeug für die Senior Tour"
Was ihn selbst Tag für Tag zum Training animiere, sei der Wille, auch in wichtigen Turnieren sein bestes Golf zu zeigen. „Irgendwie versagt mein Kopf immer, wenn es zum Beispiel zur Deutschen Meisterschaft geht“, gesteht Söhn. Mit 50 sei er in seiner Altersklasse einmal 22. geworden; in den Folgejahren sei er jedoch stets am Cut gescheitert. Zu zaghaft, zu ängstlich spiele er, wenn ihm ein Wettbewerb viel bedeute.
Besserung soll Söhns Frau Heidi bringen, die ihn nun immer häufiger als Caddie begleite. „Sie ist meine größte Stütze und hilft mir mit unmissverständlichen Worten, auf dem Golfplatz an mich zu glauben“, sagt der Kelkheimer. Sein Clubkamerad und Freund Leo Friedmann ist überzeugt: „Wenn Achim einen freien Kopf hat, dann hat er das Zeug dazu, auf der Senior-Tour zu spielen.“