„Ich bin vor allem wegen des Entertainments hier“, sagt Philip Gleser und lächelt verschmitzt. Zum ersten Mal ist der Berliner bei einem Golf-Lehrgang von Makkabi Deutschland. Der Veranstaltung des jüdischen Sportverbandes eilt offenbar ein gewisser Ruf voraus. Knapp ein Dutzend Golferinnen und Golfer sitzt am Freitagabend neben dem Clubhaus des Golfpark Gernsheim in der Abendsonne und gönnt sich einen Drink. Ein paar Teilnehmer trainieren noch fleißig auf der Driving-Range, andere sind noch auf der Anreise nach Südhessen.
„Die Gemeinschaft in der Golfsparte ist bemerkenswert“, sagt Ariel Leibovici, der das als Sportlicher Leiter von Makkabi Deutschland einschätzen kann. Es sei keinesfalls selbstverständlich, dass Leute aus Düsseldorf, München oder eben Berlin nach Gernsheim kommen, um drei Tage lang und größtenteils auf eigene Kosten an ihrem Golfspiel zu arbeiten. Schließlich finde hier kein Leistungssport statt. Leibovici sagt: „Die kommen alle wegen Leo.“
Leo, das ist der 69-jährige Leo Friedman. Der Frankfurter, Mitglied im Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne, leitet die Golfsparte von Makkabi. Ab 1977 hat er die Tennissparte aufgebaut, seit zwanzig Jahren kümmerte er sich um Golf – was ihn wohl zum dienstältesten Makkabi-Funktionär Deutschlands macht. In seinem Heimatclub unterstützt Friedman das Jugendtraining. Bei Makkabi ist er Nationaltrainer, Organisator und Feel-Good-Manager in einem. Für die rund 20 Teilnehmer seines Frühlingslehrgangs hat Friedman eine Trainingsmappe vorbereitet, Hilfe zur Selbsthilfe. „Darin stehen Tipps zu Technik, Fitness und Mentalem“, erklärt der einstige Tennisprofi. Unterstützung erhält Friedman beim Lehrgang von seinem Freund und Ausnahmegolfer Achim Söhn.
2025 ist die nächste Maccabiah
Alle vier Jahre entsendet Makkabi Deutschland seine besten Sportlerinnen und Sportler zur Maccabiah nach Israel. Beim drittgrößten Sportereignis der Welt, gemessen an der Teilnehmerzahl, treten jüdische Sportler aus aller Welt gegeneinander an. 2025 wird es wieder soweit sein. 96 Golferinnen und Golfer hat Leo Friedman auf seiner Liste, darunter Bundesliga-Spieler Maximilian Wojciechowski aus Berlin-Wannsee oder Zweitliga-Spieler David Gersztein aus Feldafing. „Mein Ziel ist es, dass wir bei der nächsten Maccabiah in allen vier Altersklassen vertreten sind, damit wir auch eine Chance in der Teamwertung haben“, sagt Friedman. Insgesamt neun Goldmedaillen konnten die deutschen Makkabi-Golfer schon bei Makkabiaden und den European Maccabi Games gewinnen, die ebenfalls alle vier Jahre ausgetragen werden.
Von den 7000 Sportlerinnen und Sportlern, die heute den bundesweit 40 Ortsvereinen von Makkabi angeschlossen sind, haben indes 70 Prozent gar keinen jüdischen Hintergrund. „Ich finde das großartig, weil wir es über den Sport schaffen, die verschiedenen Religionen und Kulturen zu vereinen“, betont Leo Friedman. Makkabi sehe sich als Familie, offen für alle. Überhaupt sei ihm die Gemeinschaft wichtiger als der sportliche Erfolg. Zusammenhalt stiften und Horizonte erweitern, das ist Leo Friedmans Anspruch. Bewusst besetzt er die Flights bei seinem Golf-Lehrgang jeweils mit Spielerinnen und Spielern, die sich bisher nicht kannten.
Leo Friedman: "Vom arabischen Kellner umarmt"
Bei aller Harmonie und Friedfertigkeit in Gernsheim ist für Friedman und Makkabi das Thema Sicherheit ein ständiger Begleiter. Gerade seit dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. „Wir wollen niemanden provozieren, haben aber natürlich die Polizei darüber informiert, dass wir hier sind“, sagt Friedman. Brenzliche Situation habe er selbst noch nicht erleben müssen, blöde Sprüche dafür schon oft. „Ihr müsst mal“, höre er ständig. So als ob er die Politik Israels bestimme – und nicht Deutscher sei.
Am Freitagabend, nach dem Training und vor den Turnierrunden am Samstag und Sonntag, hat Leo Friedman mit seiner Gruppe den Schabbat eröffnet und auf Hebräisch für den Frieden in Israel gebetet. Danach wurde gemeinsam gegessen und getrunken. Entertainment würden manche sagen. Über eine Geste des Zusammenhaltes freut sich Leo Friedman ganz besonders: „Die Gastronomie hier ist arabisch, aber der Kellner hat mich sehr herzlich empfangen und sogar umarmt.“