„Irgendwann fällt dir dein Lebensstil auf die Füße“, sagt Alice Cooper. Der weltberühmte Rockstar ist zu Gast im Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne und spricht über den Moment, in dem er mit Alkohol und Drogen aufgehört und mit Golf angefangen hat. 41 Jahre ist das her. Seitdem nimmt Cooper nicht nur seine Gitarristen, Bassisten und Schlagzeuger mit auf Tour, sondern immer auch seine Hölzer und Eisen. Beinahe jeden Tag schwingt der 76-Jährige die Schläger. Außer bei Regen. Das verbietet ihm sein Tourvertrag.
"Golf und Rock ’n’ Roll haben nichts gemeinsam"
In Hofheim scheint am Mittwochvormittag zum Glück die Sonne. Es ist der Tag vor Coopers Konzertauftritt in Butzbach – und bereits das dritte Jahr in Folge, in dem er den Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne besucht. Über die Runde begleiten ihn Bandmitglied Ryan Roxie und Hofheims Head-Greenkeeper Christian Müller. Course-Marshal Leo Friedman, der Alice Cooper nach Hofheim eingeladen hat, muss sich wegen einer Zahn-OP schonen, schaut aber zu und liefert zwischendurch für den hohen Besuch auch Getränke.
„Golf und Rock ’n’ Roll haben nichts gemeinsam“, stellt Cooper klar und lacht. Er weiß, dass viele seiner Fans sich ihn, den Schockrocker, kaum auf einem Golfplatz vorstellen können. Alice Cooper sagt über Alice Cooper: „Für ihn wäre Golf nicht brutal genug, er würde mit dem Golfcart auf Kollisionskurs gehen oder direkt seine Gegner mit dem Driver strangulieren. Aber Alice Cooper ist eine Rolle, die mit mir als privater Person nur wenig zu tun hat.“ Abseits seiner Konzerte lebe er eher das Leben eines frommen Christen als das eines Rockstars.
Allerdings liefert Cooper auch auf dem Golfplatz eine große Show ab. Er trägt weiße Golfschuhe mit Totenkopf-Prägung und seine lange schwarze Mähne offen. Coopers Drives gleichen eher denen eines 16-jährigen Kaderathleten als denen eines Rockopas: schrecklich lang. „Ich übe ja auch schon seit ein paar Jahrzehnten“, relativiert er bescheiden. Dann deutet er mit seinem Finger auf das Schlägerblatt seines Callaway-Drivers: „Der ist an fast jeder erdenklichen Stelle fehlerverzeihend.“ Fehler macht Cooper nachweislich nur wenige. Der einstige Scratch-Spieler hat noch immer ein Handicap von 5.
Warum er so viel Golf spiele? „Als Rockmusiker auf Tour hat man sehr viel freie Zeit, und ich kann ja schlecht meinen ganzen Tag in irgendwelchen Shoppingmalls verbringen“, sagt Cooper. Bei seinen Streifzügen über die Golfplätze sei er den besten Spielern der Welt begegnet und habe sich wertvolle Tipps abgeholt. „Ich habe Tiger Woods und Phil Mickelson gefragt, wer über das beste Feingefühl in den Händen verfügt“, erzählt der Musiker. Die beiden legendären Kontrahenten seien sich einig gewesen: John Daily. Einer, der – anders als Alice Cooper – Alkohol und Golf aus Überzeugung kombiniert. „Von John Daily selbst habe ich einen der wertvollsten Ratschläge für mein kurzes Spiel bekommen: Beim Chippen immer das Gewicht auf den vorderen Fuß legen“, verrät Cooper.
Ryan Roxy nutzt gerne auch die Randbereiche
Leo Friedman, der seit vielen Jahren die Golfsparte von Makkabi Deutschland leitet, ist begeistert von den golferischen Fähigkeiten seines Gastes. „Im kurzen Spiel kann ich mithalten, aber das lange Spiel von Alice ist sagenhaft, wenn man bedenkt, dass er sechs Jahre älter ist als ich“, so Friedman. Während Cooper ein Fairway nach dem anderen trifft, bezieht Gitarrist Ryan Roxie auch die Randbereiche der Spielbahnen mit ein. „Ganz schön dicht, euer Rough“, klagt er nach einem viel zu kurzen Gewaltschlag Richtung Fahne. „Da musst du dich bei Christian beschweren“, antwortet ihm Leo Friedman trocken.
Für den verantwortlichen Head-Greenkeeper geht ein kleiner Traum in Erfüllung. Müller ist selbst Gitarrist und hat sein Instrument an diesem Tag extra mit zur Arbeit gebracht. Nach der Runde mit Alice Cooper und Ryan Roxie lassen er und Clubsekretär Matthias Schenkelberg sich ihre E-Gitarren von den Rockstars signieren. Roxie spielt kurzerhand ein paar Riffs, während Cooper im Pro-Shop verschwindet, um sich für die Golfrunden der nächsten Tage und Wochen einzudecken. Raus kommt er mit einer neuen Golfuhr und einem 5er-Hybrid. „Das fehlte mir noch“, sagt er.
Zum Glück gibt es überall Golfplätze für Alice Cooper
Einen Tag später tritt Cooper im Schlosshof in Butzbach auf, singt Songs von seinem neuesten Album „Road“, aber auch Klassiker wie „School’s out“ oder „Poison“. Dann geht es für das Mitglied der Rock & Roll Hall of Fame weiter nach Breisach bei Freiburg und über Frankreich, die Schweiz, Italien und die Niederlande im Juli wieder zurück in die USA. Zum Glück gibt es überall Golfplätze, nicht nur zuhause in Arizona, wo Alice Cooper lebt. „Im Oktober bin ich wieder in Deutschland“, sagt er. Gut möglich, dass er dann auch wieder im Golf-Club Hof Hausen vor der Sonne vorbeischaut. Dann dürfte auch Leo Friedman, der jetzt von seiner Zahn-OP noch eine geschwollene Wange hat, wieder einsatzbereit sein.
Bevor Alice Cooper sich auf den Weg macht, legt er noch eine finstere Miene auf. Er ballt seine Faust und hält sie seinem Freund Leo für ein Foto an die geschwollene Wange. So hat sich der Ausflug zum Golf auch für die Figur Alice Cooper noch gelohnt.